Biomarker NFL

Bluttest auf ALS vereinfacht die Differentialdiagnose

Eine Forschergruppe hat einen Test entwickelt, der eine Unterscheidung der Amyotrophen Lateralsklerose von anderen Nervenkrankheiten erleichtert. Ausreichend ist dafür schon eine Blutprobe.

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Im Krankheitsverlauf der Amyotrophen Lateralsklerose sterben immer mehr Motoneurone ab. Dabei ist eine Unterscheidung von anderen neurodegenerativen Erkrankungen nicht immer einfach.

Im Krankheitsverlauf der Amyotrophen Lateralsklerose sterben immer mehr Motoneurone ab. Dabei ist eine Unterscheidung von anderen neurodegenerativen Erkrankungen nicht immer einfach.

© Uniklinik für Neurologie Ulm

ULM. Einen Bluttest, der die Diagnose der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) erleichtert, haben Forscher der Universitäten Ulm und Mailand entwickelt. Der neue Test helfe, die ALS von anderen neurodegenerativen Erkrankungen zu unterscheiden und erlaube zudem eine Prognose des Krankheitsverlaufs, teilt die Universität Ulm mit.

Die Blutuntersuchung eigne sich besonders für größere Kohorten, beispielsweise im Zuge von klinischen Studien, sowie für Patienten, bei denen aus medizinischen Gründen keine Liquorpunktion möglich ist (J Neurol Neurosurg Psychiatry 2018; online 11. Oktober).

Differentialdiagnose möglich

Der Bluttest, der auf der sogenannten Single Molecule Array Technologie basiert, misst die Konzentration von Neurofilamenten (Neurofilament light chain / NFL) im Serum der Patienten. Dabei handelt es sich um Proteine, die das Gerüst von Nervenzellen wie Motoneuronen bilden.

Sterben diese Neurone – wie es im Verlauf der Amyotrophen Lateralsklerose der Fall ist – ab, werden Fragmente des Proteingerüsts freigesetzt. Infolgedessen ist die Konzentration des Biomarkers NFL bei den Patienten erhöht. Frühere Studien der Ulmer Gruppe hatten diesen Effekt bereits im Liquor und im Serum nachgewiesen.

ALS-Patienten mit einer höheren NFL-Konzentration im Blut erleben eine schnellere klinische Verschlechterung.

Professor Markus Otto, Universitätsklinik für Neurologie Ulm

Die Zuverlässigkeit der neuen diagnostischen Methode überprüften die Wissenschaftler um Dr. Federico Verde von der Universität Ulm und der Università degli Studi di Milano an 124 ALS-Patienten der Ulmer Universitätsklinik sowie an 159 Kontrollen. Darunter waren Probanden mit anderen neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson sowie Studienteilnehmer ohne degenerative oder entzündliche Nervenerkrankungen. Tatsächlich erwies sich die NFL-Konzentration im Blut von ALS-Patienten am höchsten (eine Ausnahme war die Creutzfeldt- Jakob-Krankheit) und ermöglichte eine Differentialdiagnose.

Die vergleichenden Messungen erlaubten es den Wissenschaftlern zudem, erstmals eine diagnostische Schwelle für die Amyotrophe Lateralsklerose festzulegen, heißt es in der Mitteilung: Werde diese NFL-Konzentration im Blut überschritten, gelte die ALS als wahrscheinlich. Zudem wiesen die Autoren nach, dass die gemessenen Werte der Biomarker mit der Aggressivität des Krankheitsverlaufs korrelieren.

Marker für Krankheitsverlauf

"ALS-Patienten mit einer höheren NFL-Konzentration im Blut erleben eine schnellere klinische Verschlechterung und haben im Mittel eine kürzere Überlebensdauer", wird Studienautor Professor Markus Otto zitiert. Der Biomarker NFL sei bereits kurz nach Auftreten der ersten Symptome messbar, und womöglich lasse sich auch das Therapieansprechen mithilfe des Tests nachvollziehen.

"In den vergangenen Jahren haben sich Messverfahren im Bereich Proteomik stark weiterentwickelt. Dadurch wird der Nachweis von Biomarkern wie NFL in sehr geringen Konzentrationen und sogar im Serum nunmehr fast routinemäßig möglich", fügt Verde hinzu.

Größere Studien geplant

In Zukunft soll die Zuverlässigkeit des neuen Bluttests in größeren, multizentrischen Kohorten überprüft werden, berichtet die Uni Ulm. Außerdem plant die Forschergruppe, weitere Marker in die Diagnostik einzuführen, um die Labordiagnose noch spezifischer zu machen. Die Forscher hätten bereits entdeckt, dass sich die Neurofilamente zur Frühdiagnostik in Familien mit der vererbten ALS-Variante eignen.

Mit dem neuen Verfahren ließen sich zudem größere Kohorten untersuchen sowie Patienten, bei denen aus medizinischen Gründen keine Liquorpunktion durchgeführt werden kann. (eb)

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