Forschung

„Gehirn-Hot-Spot“ für Medikamente gegen Angst entdeckt

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Angst – wie wirken eigentlich Medikamente dagegen? Wissenschaftler aus Wien und Nürnberg sind der Antwort einen Schritt näher gekommen.

Angst – wie wirken eigentlich Medikamente dagegen? Wissenschaftler aus Wien und Nürnberg sind der Antwort einen Schritt näher gekommen.

© casfotoarda / stock.adobe.com

ERLANGEN. Bei der Funktionsweise von Psychopharmaka auf der Ebene neuronaler Netze sind bislang noch viele Fragen offen. Ein Team von Wissenschaftlern um Dr. Wulf Haubensak, Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien, und Professor Andreas Hess, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), konnte nun einen neuronalen Kreislauf im Gehirn identifizieren, der eine wichtige Rolle bei Angstzuständen spielt – und zeigen, wie gewöhnliche psychiatrische Medikamente darauf wirken (Molecular Psychiatry 2018; online 30. November).

Die Wirkungsweise von Benzodiazepinen (BZDs) auf molekularer und zellulärer Ebene ist gut erforscht, teilt die FAU mit. Hingegen wisse man noch wenig über die Wechselwirkungen zwischen den neuronalen Schaltkreisen, durch die BZDs ihre angstlösende Wirkung entfalten.

Die Forscher um Haubensak und Hess haben jetzt eine Kombination innovativer Methoden, die Genetik, Informationen zu neuronalen Schaltkreisen und zur funktionellen Gehirnkartierung verknüpft, eingesetzt. Sie fanden heraus, dass BZD die Weiterleitung aversiver Signale durch die Amygdala, dem Mandelkern, stören und charakterisierten die betroffenen Schaltkreise.

„Angst entsteht aus dem Zusammenspiel mehrerer Kreisläufe im Gehirn. In diesem Netzwerk haben wir einen entscheidenden biomedizinischen ‚Hot-Spot‘ identifiziert, der der angstlösenden Therapie zugrunde liegt“, wird Haubensak in der Mitteilung zitiert.

„Diesem Hotspot auf die Spur zu kommen, war nur möglich, indem Erkenntnisse über die Verbindungen von Neuronen im Gehirn, dem Konnektom, mit genetischen Techniken kombiniert wurden, die die funktionale Visualisierung und Manipulation bestimmter Neuronenpopulationen im Tiermodell ermöglichen – Methoden und Informationen, die dies ermöglichen, stehen erst seit kurzem zur Verfügung.“Die Wissenschaftler verglichen ihre an Mäusen gewonnenen Erkenntnisse mit funktionellen menschlichen Gehirnscans und fanden Hinweise darauf, dass die gleichen Mechanismen auch beim Menschen wirksam sind. Dies öffnet neue Perspektiven für die Entwicklung von Medikamenten.

„Da wir nun die exakten Netzwerke von Neuronen kennen, die den anxiolytischen Effekt von BZD vermitteln, können wir jetzt versuchen, sie gezielt zu erreichen. Dies könnte die Entwicklung neuer Medikamente zur Behandlung von Angstzuständen ermöglichen, ohne die Nebenwirkungen, die bei derzeitigen Anxiolytika üblich sind“, sagt Johannes Griessner, Doktorand und Erstautor der Studie. (eb)

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