Kommentar zu SSRI-Warnung

Schuss nach hinten

Hinweise mehren sich, dass die erhöhte Suizidrate bei Kindern und Jugendlichen unter SSRI primär auf einem Indikationsbias beruht.

Thomas MüllerVon Thomas Müller Veröffentlicht:

Die Black-Box-Warnung für SSRI, welche die FDA im Jahre 2003 ausgesprochen hat, könnte sich als eine der schwersten Fehlentscheidungen der US-Behörde herausstellen. In der Folge brach die Zahl der SSRI-Verordnungen in den westlichen Ländern unter Minderjährigen und jungen Erwachsenen drastisch ein, zugleich schnellte die Suizidrate in die Höhe, nachdem sie in den Jahren davor kontinuierlich gesunken war. Die Warnung vor einer erhöhten Suizidrate unter SSRI könnte vielen jungen Menschen das Leben gekostet haben.

Bei Erwachsenen ist klar dokumentiert, dass SSRI Suizide verhindern, bei Minderjährigen ist der Nutzen weniger gut belegt. Inzwischen mehren sich aber Hinweise, dass die erhöhte Suizidrate bei Kindern und Jugendlichen unter SSRI, welche die FDA zum Anlass für die Warnung genommen hatte, primär auf einem Indikationsbias beruht: Ärzte geben Minderjährigen nur ungern Antidepressiva, und wenn, dann vor allem solchen, die schwer krank und suizidgefährdet sind. SSRI waren wohl nur ein Marker für ein hohes Suizidrisiko, aber nicht dessen Ursache. Eine aktuelle Megaanalyse deutet in diese Richtung.

Wer eine Warnung ausspricht, sollte wissen, was Ursache und Wirkung ist, sonst kann der Schuss nach hinten losgehen.

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