Neurologie

Neue Risikogene für Epilepsie identifiziert

Forscher haben weitere Erkenntnisse zur Vererbung bestimmter Epilepsieformen gewonnen.

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FRANKFURT / MAIN. Das Konsortium zu komplexen Epilepsien der Internationalen Liga gegen Epilepsie hat eine großangelegte Analyse der genetischen Daten von mehr als 15.000 Epilepsiepatienten und 29.000 nichtbetroffenen Personen durchgeführt. Dabei haben die Forscher 16 Stellen im menschlichen Erbgut identifiziert, an denen sich Genvarianten finden, die Epilepsie mitbedingen können, berichtet das Universitätsklinikum Frankfurt.

Elf davon waren bislang unbekannt; fünf davon waren aus einer vorangegangenen Analyse bekannt und wurden bestätigt (Nat Commun 2018; online 10. Dezember). Elf der 16 Orte – zu diesen zählen sieben der bislang unbekannten – bergen Risikogene für generalisierte Epilepsien, die sehr häufig genetisch bedingt sind, wobei die genaue genetische Grundlage bislang weitgehend unbekannt war.

Anhand dieser 16 Genorte machten die Forscher 146 Einzelgene aus, die sie als mögliche Risikogene für Epilepsie überprüften. So konnten sie 21 Gene als wahrscheinliche Epilepsiegene identifizieren.

Assoziation mit Ionenkanälen

Auf biologischer Ebene hatten diese Gene verschiedene Funktionen, unter anderem waren sie mit Ionenkanälen assoziiert. Eine Fehlfunktion dieser Proteine ist bekanntlich Grundlage epileptischer Anfälle. Durch einige der gefundenen Risikovarianten steigt die Durchlässigkeit von Nervenzellhüllen für Ionen, was die Erregbarkeit dieser Zellen erhöht, heißt es in der Mitteilung des Universitätsklinikums.

Zwischen den verschiedenen Untertypen der Epilepsie gebe es dabei deutliche Überschneidungen bezüglich der Orte und Gene, die dafür verantwortlich sein könnten. Es sei zu vermuten, dass der jeweilige Epilepsietyp letztlich von einzelnen spezifischen Genvarianten bestimmt wird. Zudem gebe es Hinweise, dass schwerer betroffene Patienten zum Teil mehrere Risikovarianten tragen.

Auf der Basis der aktuellen Ergebnisse werde es in der nahen Zukunft möglich werden, Risikowerte für einzelne Patienten zu berechnen, welche die Ausprägung einer Epilepsie erklären und eine individualisierte Behandlung ermöglichen könnten.

Für die 21 wahrscheinlichsten Risikogene, in denen sich die gefundenen Varianten nachweisen ließen, seien bereits heute Arzneimittel bekannt, die eine Wirkung auf die veränderten Ionenkanäle entfalten oder entfalten könnten, heißt es weiter in der Mitteilung.

Einige dieser Substanzen seien bereits für die Therapie anderer neurologischer Erkrankungen zugelassen, so dass ein Einsatz bei den betroffenen Patienten relativ rasch möglich wäre. Künftige Studien könnten nun auf Basis der vorliegenden Ergebnisse Arzneimitteltherapien genauer prüfen. (eb)

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