Häufig Demenz und Depression bei Parkinson

Die GEPAD-Studie liefert jetzt erstmals repräsentative Daten zu neuropsychiatrischen Begleiterkrankungen bei Parkinson. Danach hat ein Drittel der Parkinsonkranken Depressionen, knapp 30 Prozent haben eine Demenz.

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Von Professor Hans-Ulrich Wittchen und Dr. Oliver Riedel

DRESDEN. Die Häufigkeit von Demenz, Depression und anderen neuropsychiatrischen Manifestationen bei der Parkinson-Krankheit (PD) wird seit Jahren kontrovers diskutiert. Bislang fehlten vor allem verlässliche Erkenntnisse für den Bereich der niedergelassenen neurologischen Versorgung, in dem Patienten mit PD vorrangig behandelt werden. Die GEPAD*-Studie hatte zum Ziel, diese Erkenntnislücke zu schließen. An einem Studienstichtag im Jahre 2005 wurden auf der Grundlage einer bundesweit repräsentativen Stichprobe (n=1 449, für n=20 lagen keine vollständigen Daten vor) zufällig ausgewählte Patienten mit Parkinson-Erkrankungen in allen Erkrankungsstadien in 315 neurologischen Praxen standardisiert und klinisch untersucht.

Hohe neuropsychiatrische Krankheitslast

28,2 Prozent aller Patienten erfüllten die DSM-IV Demenzkriterien, 33,6 Prozent erfüllten die Studienkriterien für Depression oder wurden gegen eine solche behandelt, bei 61 Prozent lagen zusätzlich weitere klinisch relevante neuropsychiatrische Syndrome vor; nur 29,4 Prozent wiesen neben ihrer Parkinsonsymptomatik keine psychopathologischen Auffälligkeiten auf.

GEPAD zeigt damit erstmals umfassend, dass das Spektrum und Ausmaß der Krankheitslast durch neuropsychiatrische Störungen bereits bei jüngeren Patienten und in frühen Stadien der Parkinson-Krankheit außerordentlich hoch ist und die neurologische Versorgung vor große Herausforderungen stellt.

25,2 Prozent erfüllten die MADRS (Montgomery-Asberg Depression Rating Scale) Kriterien einer Depression, Frauen häufiger als Männer (29,3 versus 22,4 Prozent). Weitere 8,4 Prozent wiesen eine unterschwellige Symptomatik auf, wurden aber gleichzeitig mit Antidepressiva behandelt, so dass von einer Gesamtprävalenz von 33,6 Prozent ausgegangen werden kann. Auch hinsichtlich der Depression zeigte sich ein starker Einfluss des Parkinsonschweregrads (bis zu 57,5 Prozent bei Frauen im schwersten Stadium). Es lagen jedoch keine Alterseffekte vor. Wie auch bei der Demenz gab es keinen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen der depressiven Erkrankung und der Dauer der Parkinsonerkrankung.

In der untersuchten Patientenstichprobe zeigte sich eine hohe Komorbidität. Bezogen auf demenzielle und depressive Erkrankungen waren 39,6 Prozent zumindest von einer von beiden Störungen betroffen, und bei 12,3 Prozent lagen beide gleichzeitig vor.

Depressionen: häufige Komplikation bei PD

Das Vorliegen weiterer neuropsychiatrischer Symptome in klinisch bedeutsamer Ausprägung wurde von den teilnehmenden Studienärzten anhand von Symptomlisten dokumentiert. Schließt man neben Demenz und Depression auch Schlafstörungen, Angstsymptome, psychotische Symptome (Wahnvorstellungen oder Halluzinationen) oder Zwangssymptome in die Häufigkeitsanalyse mit ein, so sind im Querschnitt 70,6 Prozent aller Patienten zumindest von einer dieser Komplikationen betroffen.

Mit der GEPAD-Studie liegen erstmals wichtige, aufgrund der hohen Teilnahmerate verlässliche, repräsentative, epidemiologische Daten über die Häufigkeit von Demenz, Depression und anderen neuropsychiatrischen Syndromen bei Patienten mit der Parkinson-Krankheit vor. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass bereits bei diesen Patienten - die in der Regel jünger und weniger schwer betroffen sind als Patienten in stationärer Versorgung - häufig ein breites Spektrum an neuropsychiatrischen Komplikationen vorliegt. Die in der GEPAD-Studie gewonnenen Daten belegen eindrücklich, mit welch komplexen Störungskonstellationen niedergelassene Fachärzte bereits in der Routineversorgung von Patienten mit der Parkinson-Krankheit konfrontiert werden und legen nahe, die klinische und Grundlagenforschung zu diesen komplexen Zusammenhängen zu intensivieren.

*GEPAD: German Study on Parkinson's Disease with Dementia

GEPAD-Studie - die Autoren Prof. Hans-Ulrich Wittchen und Dr. Oliver Riedel sind an der TU Dresden am Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie tätig. Ebenfalls beteiligt an der GEPAD-Studie waren Prof. Heinz Reichmann, Dresden, Prof. Günther Deuschl, Kiel, Dr. Annika Spottke, Bonn, Prof. Hans Förstl, München, Prof. Fritz Henn, Upton (USA), Prof. Isabella Heuser, Berlin, Prof. Wolfgang Oertel, Marburg, Prof. Peter Riederer, Würzburg, Prof. Claudia Trenkwalder, Kassel, Prof. Richard Dodel, Marburg. Die GEPAD-Studie wurde durch einen "unrestricted educational grant" von Novartis Pharma gefördert und wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt.

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