Test auf Antikörper gegen Interferon bei MS gefordert

WIESBADEN (ner). Um die Wirksamkeit immunmodulierender Medikamente in der Multiple-Sklerose (MS)-Therapie sicherzustellen, müßten standardisierte Testsysteme bereitgestellt werden, haben Neurologen gefordert. Hintergrund ist die Bildung neutralisierender Antikörper bei einem Teil der MS-Patienten unter Interferon-Therapie.

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In allen MS-Studien mit Beta-Interferonen hätten Patienten in unterschiedlichem Ausmaß neutralisierende Antikörper (NAb) gebildet, so Professor Reinhard Hohlfeld aus München beim Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) in Wiesbaden.

Die NAb blockieren die Bindung von Interferon-beta an die aktivierten T-Zellen und vermindern oder verhindern deren Wirksamkeit. So bildeten in einer aktuellen Studie mit 737 Patienten innerhalb von ein bis zwei Jahren 26 Patienten NAb. In einer anderen Studie hatten von 624 MS-Patienten nach zwei Jahren 20 Patienten vorübergehend und 37 persistierend positive Antikörpertiter.

Patienten ohne NAb blieben länger schubfrei, so Hohlfeld. Die Zahl der in der Magnetresonanztomographie sichtbaren Hirnläsionen nimmt bei vorhandenen Antikörpern signifikant schneller zu. "Die Antikörper können auch wieder verschwinden", sagte Hohlfeld bei dem vom Unternehmen Biogen Idec unterstützten Satellitensymposium.

Allerdings blieben Patienten mit hohen NAb-Titern meist Antikörper-positiv. Die niedrigste Rate sei beim einmal wöchentlich intramuskulär zu spritzenden Interferon-beta-1a (Avonex®) ermittelt worden.

Welche Konsequenzen die Antikörperbildung auf die Dosierung der Präparate hat, ist noch unklar. Man müsse sie abwägen gegen die Tatsache, daß hochdosierte Beta-Interferone in Kurzzeitstudien Vorteile hatten, so Hohlfeld. Langzeitdaten dazu fehlten. Allerdings sollte die Antikörper-Bestimmung Bestandteil der Standardtherapie werden, forderte er.

Im Moment kämpfe man aber noch mit einem unzureichenden Service: Oft müsse man monatelang auf Test-Resultate warten. Außerdem existiere bislang kein zertifizierter und standardisierter Test. Professor Hans-Peter Hartung aus Düsseldorf machte darauf aufmerksam, daß an der Universität Düsseldorf mit Unterstützung der Europäischen Union ein Referenzlabor zur Antigenität von Beta-Interferonen eingerichtet worden ist.

Referenzlabor zur Antigenität von Beta-Interferonen, Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik, Professor Fritz Boege, Fax: 0211-30 20 39 27, E-Mail: neurologie@med.uni-duesseldorf.de

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