Avatar gegen Schizophrenie

"Ich werde dir nicht mehr zuhören"

Patienten mit schizophrenen Halluzinationen treffen auf einen Avatar: Das könnte in Zukunft eine Therapieoption sein, so eine englische Studie.

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AVATAR-Studie: Patienten sollten den Avatar im Gespräch konfrontieren.

AVATAR-Studie: Patienten sollten den Avatar im Gespräch konfrontieren.

© Kubkoo / iStock

LONDON. Schizophrenie-Patienten könnten von einer neuen Behandlungsmethode profitieren: der Konfrontation mit einem Avatar. In einer Studie, publiziert in "The Lancet Psychatry", erwies sich das Sprechen mit einer künstlichen Figur aus dem PC nach drei Monaten als wirkungsvoll – im Vergleich mit der Kontrollgruppe, die lediglich eine unterstützende Beratung erhielt (doi: 10.1016/S2215-0366(17)30427-3).

Forscher des King's College und des University Colleges in London testeten die Methode an 75 Patienten mit Schizophrenie von 2013 bis 2016. Die Patienten erhielten in jeweils sechs Sitzungen, eine pro Woche à 50 Minuten, die AVATAR-Therapie.

Therapeut in Doppelrolle

In einem ersten Schritt erstellten die Patienten ein Gesicht, das die Stimme in ihrem Kopf visualisierte. Dieser Avatar konfrontierte die Probanden anschließend. In mehreren Stufen änderte sich das Verhalten des Avatars. Während er anfangs übermächtig war und den Patienten beschimpfte, zeigte er später zunehmens Respekt.

Der Therapeut hatte dabei eine Doppelrolle von einem getrennten Raum aus: Er vertonte den Avatar und gab den Teilnehmern – mit seiner unveränderten Stimme – gleichzeitig Tipps, wie sie mit ihrer visualisierten Halluzination sprechen sollen. "Ich werde dir nicht mehr zuhören" war ein häufiger Satz, den die Patienten sagten.

Studienautor Tom Craig zur BBC: "Durch den sprechenden Kopf lernen Patienten, ihre innere Stimme zu konfrontieren und Antworten von ihr zurückzubekommen. Dadurch ändert sich ihre Vorstellung, dass die Stimme sie kontrolliert."

Nach sechs Monaten zog die Kontrollgruppe mit der AVATAR-Therapie bei der Wirksamkeit gleich. Die Wissenschaftler vermuten, dass die AVATAR-Patienten deshalb wohl auf lange Sicht Auffrischungssitzungen benötigen. Zudem seien weitere Studien nötig, um die Avatare mit anderen Therapien zu vergleichen – etwa einer kognitiven Verhaltenstherapie. (ajo)

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