Ältere NSAR sicher fürs Herz? Nur vielleicht!

BONN / WASHINGTON (HR). Verwirrende Meldungen zu Studien mit Cox-2-Hemmern: In der vergangenen Woche ist in den USA eine Studie mit dem Schmerzmittel Celecoxib abgebrochen worden, weil bei den Patienten kardiovaskuläre Nebenwirkungen aufgetreten waren. Eine andere, gleichartige Studie mit Celecoxib hat dagegen keine Probleme gezeigt. Sie wird weitergeführt. Nun ist bekannt geworden, daß noch eine Studie gestoppt worden ist. Hier gab es mit Naproxen ein erhöhtes Risiko, mit Celecoxib aber wiederum nicht.

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Auf die verwirrende Datenlage hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn am Montag - da war von den Problemen mit Naproxen und der einen Entwarnung für Celecoxib noch nichts bekannt - mit einer Empfehlung reagiert.

Patienten mit erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder mit einem Herzinfarkt oder Schlaganfall in der Vorgeschichte sollten vorerst nicht mit Celecoxib behandelt werden. Bei diesen Patienten sollte man andere Medikamente zur Schmerztherapie oder Entzündungshemmung erwägen, etwa herkömmliche, nicht-selektive nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR), "eventuell in Kombination mit einem Präparat zum Magenschutz, zum Beispiel Misoprostol oder einem Protonenpumpen-Hemmer".

Wenn auf die Behandlung mit Celecoxib (Celebrex®) nicht verzichtet werden kann, dann sollte nach Empfehlung des BfArM die niedrigst mögliche Dosis verwendet werden.

Dosis und Einnahmehäufigkeit könnten die Ursache dafür gewesen sein, daß es in der einen Studie Probleme mit Celecoxib gegeben hat. Für diese Studie, in der geprüft werden sollte, ob mit dem Cox-2-Hemmer Darmpolypen zu verhindern sind (Adenoma Prevention with Celecoxib, APC-Studie), hatten Patienten täglich 400 oder 800 mg Celecoxib oder Placebo eingenommen. Die Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Nebenwirkungen war bei den Patienten, die zweimal täglich 400 mg Celecoxib nahmen, im Vergeich zu Placebo um das 3,4fache erhöht. Bei den Patienten, die zweimal 200 mg nahmen, war die Häufigkeit um das 2,5fache höher.

In der zweiten Studie, in der es ebenfalls um die Prävention von Darmpolypen ging (PreSAP-Studie, Prevention of Spontaneous Adenomatopus Polyps), wurden 400 mg Celecoxib nur einmal täglich gegeben. Hier hatte der Cox-2-Hemmer keine kadiovaskulären Nebenwirkungen, die über die von Placebo hinausgingen.

Die Ergebnisse der beiden Studien basieren auf der gleichen Analyse zur kardiovaskulären Sicherheit, und die PreSAP-Analyse wurde vom selben Gremium gemacht, das auch die APC-Analyse gemacht hat. An beiden Studien haben insgesamt etwa 3600 Patienten teilgenommen. Der Celecoxib-Hersteller Pfizer geht davon aus, daß davon etwa 2400 Patienten, die etwa vier Jahre lang behandelt worden sind, bei der Überprüfung der Herz-Kreislauf-Sicherheit berücksichtigt worden sind.

In der dritten Studie, für die etwa 2400 Personen im Alter von mehr als 70 Jahren mit familiär bedingtem Alzheimer-Risiko rekrutiert wurden und in der es um Alzheimer-Prävention ging, bekamen die Teilnehmer entweder Celecoxib, Naproxen oder Placebo. Die Substanzen wurden zweimal täglich gegeben (Naproxen 2 mal 220 mg, Celecoxib 2 mal 200 mg). Die Studie heißt ADAPT (Alzheimer’s Disease Anti-Inflammatory Prevention Trial).

ADAPT wurde jetzt gestoppt, weil ausgerechnet bei den Menschen, die das als vergleichsweise harmlos geltende Naproxen bekamen, die Häufigkeit kardiovaskulärer oder zerebraler Ereignisse größer war als bei den Probanden, die Placebo oder Celecoxib nahmen.

Daß auch der Celecoxib-Arm der Studie abgebrochen wurde, obwohl die Daten dafür keine Veranlassung geben, erklären Wissenschaftler von den US-amerikanischen National Institutes of Health, die ADAPT betreuen, mit einem Hinweis auf die Darmpolypen-Präventionsstudie APC.

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