Haftung für Sucht nur bei groben Fehlern

KÖLN (iss). Bei der Verschreibung von Schmerzmitteln mit Abhängigkeitspotenzial müssen Hausärzte sehr sorgfältig vorgehen. Für die Suchterkrankung eines Patienten können Ärzte aber nur haftbar gemacht werden, wenn Nachlässigkeit nachweisbar ursächlich für die Arzneimittelabhängigkeit war. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz entschieden.

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Eine Patientin hatte sich von ihrem Hausarzt über mehrere Jahre Schmerzmittel mit dem Wirkstoff Tramadol wegen Menstruationsbeschwerden verschreiben lassen. Auch als sie wegen eines angeblichen mehrmonatigen Auslandsaufenthaltes eine große Dosis verlangte, wurde der Arzt nicht misstrauisch. Erst spät erkannte er die Sucht und half der Patientin, einen Entzug zu beginnen. Sie verklagte den Hausarzt, blieb aber sowohl vor dem Landgericht als auch in der Berufung vor dem OLG erfolglos.

Der Arzt wies mehrmals auf Suchtrisiko hin.

Bei der ursprünglichen Verordnung habe er sich darauf verlassen können, dass die Menstruationsbeschwerden gynäkologisch abgeklärt waren. Da der Arzt im Verlauf der Jahre mehrmals auf die Gefahr der Abhängigkeit verwies, tat er seiner Pflicht Genüge, urteilten die Richter.

Die Verordnung einer hohen Dosis vor der angeblichen Reise hätte ihn aber stutzig machen müssen, insbesondere weil die Patientin bereits kurze Zeit später weitere Verordnungen verlangte. Das Gericht hielt ihm zugute, dass er dem versehentlich nachkam. Dennoch hätte er sich durch einen Blick auf seine Karteieinträge kundig machen können und müssen, so die Richter. Bei sorgfältigem Vorgehen hätte er gemerkt, dass die Patientin in die Sucht abgeglitten war, und sie früher zur Rede stellen müssen. Da es sich dabei aber nicht um einen groben Behandlungsfehler handelte, hätte die Patientin beweisen müssen, dass das Verhalten des Arztes die Sucht verursacht oder mitverursacht hatte. Das konnte sie aber nicht.

Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz, Az.: 5 U 1523/06

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