S2k-Leitlinie

Hilfe beim Management neuropathischer Schmerzen

Nervenschmerzen früh erkennen und effektiv behandeln – dabei unterstützt die neue Leitlinie „Neuropathischer Schmerz“.

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Berlin. Neuropathische Schmerzen gehen auf eine Schädigung von Nervenbahnen oder zentralen, schmerzverarbeitenden Zentren zurück, erinnert die Deutsche Schmerzgesellschaft (DGSS). Die ursprüngliche Ursache sei aber häufig nicht oder nicht mehr erkennbar. Entsprechend werden Nervenschmerzen oft nicht oder nur verzögert diagnostiziert, und auch die Therapie gilt als schwierig.

Die neue Leitlinie „Neuropathischer Schmerz“ (AWMF-Registernummer 030/114) der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) gibt einen Überblick über die aktuell eingesetzten Diagnosemethoden und darüber, welche Therapie-Möglichkeiten es gibt und wie effektiv sie sind.

Drei bis fünf Prozent der Bevölkerung in Deutschland leiden an Nervenschmerzen, so die DGSS. Die bekanntesten Ursachen für neuropathische Schmerzen sind Herpes zoster und Diabetes. Neuropathische Schmerzen können aber beispielsweise auch nach einem Schlaganfall oder infolge einer Multiplen Sklerose auftreten, oder auch genetisch bedingt sein.

Die Therapie neuropathischer Schmerzen unterscheidet sich von der Therapie anderer chronischer Schmerzen, bei denen das Nervensystem nicht geschädigt ist. Wie die verschiedenen Schmerzarten diagnostisch klar voneinander abgegrenzt werden und welche Behandlungsmöglichkeiten nach aktuellem wissenschaftlichem Stand geeignet sind, zeigt die neue S2k-Leitlinie. Für die Diagnose ist eine ausführliche Befragung des Patienten ebenso essenziell wie die klinische Untersuchung, heißt es in der Mitteilung der DGSS.

Um Art und Ausmaß der Schädigung zu identifizieren, werden neben neurophysiologischen Testmethoden zunehmend auch bildgebende Verfahren wie MRT und Ultraschall eingesetzt. „Als Goldstandard für den Nachweis einer Schädigung der kleinen, schmerzleitenden Fasern kann aber nach wie vor die Hautbiopsie gelten“, wird Professor Christian Maihöfner, Chefarzt der Neurologischen Klinik am Klinikum Fürth und Mitautor der neuen Leitlinie, in der Mitteilung zitiert.

Eine ursächliche Therapie der neuropathischen Schmerzen ist oft nicht möglich. Aber die Experten der Leitlinie betonen, dass die Möglichkeiten einer heilenden oder kausalen Therapie ausgeschöpft werden sollten. „Bei Nervenschmerzen, die in Folge einer diabetischen Neuropathie auftreten, muss versucht werden, den Diabetes optimal einzustellen“, so Maihöfner. Die Behandlung mit Schmerzmedikamenten sei nach wie vor eine Herausforderung, denn man könne selten vorhersagen, welches Medikament bei welchem Patienten wirkt. Auch könnten Nebenwirkungen auftreten, und bei manchen Patienten könne keine ausreichende Wirkung erreicht werden, so der Experte.

Die Leitlinie macht klare, wissenschaftlich begründete Aussagen zur Wirksamkeit der jeweiligen Medikamente und gibt Empfehlungen zur medikamentösen Therapie, betont aber auch, dass neben der medikamentösen Behandlung die psychosozialen Umstände der Patienten berücksichtigt werden müssen.

Als wichtige Therapieoption gilt nach wie vor die multimodale Schmerztherapie, bei der die Patienten neben Ergotherapie und Physiotherapie auch eine Schmerzpsychotherapie erhalten sollten. „Im Rahmen dieser interdisziplinären Behandlung lernen die Patienten, mit dem Schmerz besser umzugehen und sogenannte Coping-Strategien zu entwickeln“, sagt Professor Claudia Sommer, Präsidentin der Deutschen Schmerzgesellschaft und Leitende Oberärztin und Schmerzforscherin an der Neurologischen Klinik und Poliklinik des Uniklinikums Würzburg. Schmerzbewältigungstechniken und das Überwinden eines Vermeidungsverhaltens können erlernt werden. Denn entscheidend für den Therapieerfolg sind das individuelle Schmerzempfinden und das Lebensgefühl des Patienten, betont Sommer. „Ziel muss es sein, die Lebensqualität wieder zu verbessern, soziale Aktivitäten zu ermöglichen und das soziale Beziehungsgefüge sowie die Arbeitsfähigkeit zu erhalten.“ (eb)

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