Kopfweh: Diagnostik und Therapie aus einem Guss

Bei einem Projekt zur Integrierten Versorgung von Patienten mit chronischen Kopfschmerzen arbeiten verschiedene Fachärzte eng zusammen - mit guten Ergebnissen.

Dr. Thomas MeißnerVon Dr. Thomas Meißner Veröffentlicht:
Etwa jede siebente Frau hat Migräne.

Etwa jede siebente Frau hat Migräne.

© Dr. Thomas Lammeyer / panthermedia.net

Kopfschmerzpatienten effizienter als üblich behandeln, die Therapeuten besser bezahlen und dabei noch Geld sparen? Das geht! Ein vor fünf Jahren eingeführtes Behandlungsmodell macht inzwischen Schule.

"Integrierte Versorgung" heißt das Zauberwort, mit dem ganz generell die Behandlungspraxis bei vielen Menschen mit chronischen Erkrankungen in Deutschland verbessert werden soll. Zumindest für die Kopfschmerz-Patienten kann man inzwischen behaupten, dass dies funktioniert.

Acht Millionen Menschen leiden hierzulande an chronischen Kopfschmerzen wie Migräne und Spannungskopfschmerzen.

Besonders die schwer betroffenen Patienten unter ihnen "integriert" zu versorgen bedeutet, dass Fachärzte und andere Spezialisten, also Neurologen, Psychologen, Physiotherapeuten und Sportmediziner, eng zusammenarbeiten und dass die strukturellen Grenzen zwischen ambulanter und Krankenhaus-Versorgung sowie der Rehabilitation durchlässig gemacht werden.

Alle sollen inhaltlich am selben Strang ziehen - Diagnostik und Therapie aus einem Guss.

"Wir machen das seit fünf Jahren", berichtet Professor Hans-Christoph Diener vom Westdeutschen Kopfschmerzzentrum an der Universität Duisburg-Essen. Und das kam dabei heraus: 60 Prozent der integriert behandelten und schwer betroffenen Patienten mit chronischen Kopfschmerzen haben signifikant weniger Schmerzen, es geht ihnen also deutlich besser als zuvor.

Fragt man sie, ob sie die Behandlung auch Angehörigen oder Freunden empfehlen würden, sagen 90 Prozent "ja". Die beteiligten Therapeuten erhalten für ihre Arbeit im Vergleich zur Regelversorgung mehr Honorar.

Veranstaltung 318

"New Developments in Neurology and Neuroradiology"

Freitag, der 19. November, 11 Uhr bis 13 Uhr, Halle 11 Stand E 70

Leitung: Professor Hans-Christoph Diener, Essen

Dennoch sparen die am Modell beteiligten Krankenkassen insgesamt etwa ein Drittel der üblicherweise anfallenden Kosten. Profitiert wird auch anderswo: Die Anzahl der Fehltage am Arbeitsplatz werde um die Hälfte reduziert, sagt Diener mit Verweis auf die Essener Studie - Experten gehen derzeit allein wegen starker Migräneattacken in Deutschland von einer Million verlorener Arbeitstage jährlich aus.

Die Kaufmännische Krankenkasse (KKH-Allianz), die das Versorgungsmodell gemeinsam mit den Essener Neurologen erarbeitet hat, wirbt bei ihren Mitgliedern für das Projekt mit dem hohen Behandlungsniveau, kurzfristiger Terminvergabe und ganzheitlicher Betreuung durch alle beteiligten Spezialisten.

Doppeluntersuchungen sollen vermieden werden, medikamentöse und nichtmedikamentöse Therapien werden im Kopfschmerzzentrum zu einem Komplettpaket geschnürt und vom wohnortnah ansässigen ambulanten Betreuungsteam umgesetzt.

"Es geht uns um die Problempatienten mit Kopfschmerzen", betont Diener, der auf der Medica im Rahmen des Internationalen Kongresses über Neuentwicklungen in der Neurologie und Neuroradiologie informiert.

Chronischer Kopfschmerz

Es werden mehr als 250 verschiedene Arten von Kopfschmerzen unterschieden. Von chronischen Kopfschmerzen spricht man, wenn die Schmerzen an mehr als 15 Tagen im Monat auftreten und mindestens die letzten drei Monate bestanden haben. Chronische Kopfschmerzen sind zum Beispiel chronische Migräne, chronische Spannungskopfschmerzen und Dauerkopfschmerzen.

Die Ursachen können vielfältig sein. So verursacht der Übergebrauch von Analgetika selbst Kopfweh. Andere Ursachen sind zum Beispiel Bluthochdruck, chronische Entzündungen oder Augenkrankheiten. (ner)

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