Empfehlung

Bei Meniskusriss nicht vorschnell operieren

Ärzte sollten bei degenerativen Meniskusrissen nicht gleich eine arthroskopische Operation einleiten. Oft kommen Betroffene auch mit Gymnastik und Physiotherapie zum Ziel, betonen Sportwissenschaftler.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Meniskus: Bei Patienten über 40 Jahre ist vermehrt mit degenerativen Meniskusrissen zu rechnen.

Meniskus: Bei Patienten über 40 Jahre ist vermehrt mit degenerativen Meniskusrissen zu rechnen.

© Springer Medizin Verlag GmbH

ODENSE. Eine arthroskopische Meniskusoperation zählt zu den häufigsten chirurgischen Eingriffen in der Orthopädie.

Gerade für Patienten jenseits eines Alters von 40 Jahren sei der Nutzen eines solchen Eingriffs jedoch oft fraglich – Studiendaten zufolge ließen sich bei den meisten Betroffenen mit einer Physiotherapie ähnliche Erfolge erzielen, berichten Sportwissenschaftler um Jonas Bloch Thorlund von der Universität in Odense.

Darüber hinaus sei für jüngere Patienten weitgehend unklar, welche Therapie einen traumatischen Schaden der Kniestoßdämpfer am besten behebt, schreiben die Forscher in einer systematischen Analyse für die dänische Sportphysiotherapiegesellschaft.

Die Forscher fanden nur sieben kontrollierte Studien zu dem Thema, alle beschrieben Behandlungen bei Personen im Alter von mehr als 40 Jahren (Br J Sports Med 2018; online 23. Juni). In dieser Altersgruppe erfolgen rund zwei Drittel aller Meniskusoperationen.

Physiotherapie so gut wie Op

Auch wenn viele der Risse bei solchen Personen durch ein traumatisches Ereignis ausgelöst werden, seien degenerative Prozesse zu vermuten oder gar dominierend, schreiben die Forscher um Thorlund.

So würde ein gesunder Meniskus bei vielen der Belastungen, die zu den Rissen bei älteren Personen führen, keinen Schaden nehmen. In den wenigen kontrollierten Studien seien daher wohl vorwiegend Patienten mit degenerativ bedingten Meniskusrissen behandelt worden, schlussfolgern die Sportwissenschaftler.

Zwei der Studien verglichen eine Physiotherapie direkt mit einer Op. Dabei gab es keine signifikanten Unterschiede bei der Effektstärke bezogen auf Schmerzen und Funktion.

Die Differenz der Effektstärke zwischen Op und Physiotherapie bezifferten die Forscher für Schmerzen mit -0,51 (95%-Konfidenzintervall -1,16 bis 0,13, für die Kniefunktion mit -0,06 (95%-CI -0,23 bis 0,11). Jedoch verbesserte Physiotherapie signifikant die Muskelkraft im Vergleich zur Op.

Wenig Daten zu Jüngeren

Fünf Studien verglichen eine alleinige Physiotherapie mit einer Kombination aus Physiotherapie plus Operation. Hier schnitten die Patienten mit zusätzlichem chirurgischem Eingriff bei der Schmerzreduktion sowie auch bei der Kniefunktion nicht besser ab als solche mit alleiniger Physiotherapie.

Keine einzige randomisierte Studie konnten die Forscher zur Therapie von Patienten unter 40 Jahren finden. Bei solchen Patienten sei primär von traumatisch bedingten Meniskusrissen auszugehen. Das Team um Thorlund präsentierte lediglich eine Beobachtungsstudie mit rund 400 Patienten jeglichen Alters, in der sich die Resultate jüngerer Patienten mit Operation nicht von denen älterer unterschieden, was dafür sprechen könnte, dass auch bei jüngeren Patienten die Op nicht unbedingt die erste Wahl sein sollte.

Aus den Resultaten leiten die Forscher zwei Empfehlungen ab:

  • Patienten mit degenerativ bedingten Meniskusrissen sollten möglichst nicht operiert, sondern konservativ mit einer Physiotherapie als Hauptelement behandelt werden.
  • Patienten unter 40 Jahren mit traumatischen Meniskusrissen sollten ebenfalls eine konservative Therapie mit Bewegungstraining erhalten, es sei denn, es kommt zu Gelenkblockaden, die eine Operation erforderlich machen. Mangels Evidenz basiert diese Empfehlung jedoch ausschließlich auf Expertenmeinungen.

Die Forscher um Thorlund geben zu, dass eine solche Einteilung stark vereinfacht. Letztlich hänge es auch von der Art und Ausprägung der Risse sowie der Symptome ab, ob eine Op notwendig sei. Mangels Evidenz lasse sich jedoch nicht klar sagen, welche Patienten am ehesten von einem arthroskopischen Eingriff profitierten.

Ähnliches gelte für die Einteilung in degenerative und traumatische Risse: Das Alter liefere hier lediglich einen Anhaltspunkt. Ärzte müssten also genau schauen, ob sich die Schäden durch die Belastungen plausibel erklären lassen.

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