Frühe Therapie bessert Verlauf von Rheuma

HEIDELBERG (bd). Immunbiologika zur Therapie bei chronischer Polyarthritis, bei Morbus Bechterew und bei Psoriasis-Arthritis sind derzeit erst dann eine Behandlungsoption, wenn mit Basistherapeutika kein Therapieerfolg oder kein Therapieerfolg mehr erzielt wird. Ihre frühe Anwendung mit dem Ziel, eine Chronifizierung zu verhindern, wird derzeit in Studien überprüft, wie der Rheumatologe Professor Hanns-Martin Lorenz aus Heidelberg bei einem Workshop der Arbeitsgemeinschaft Regionaler Kooperativer Rheumazentren und des Kompetenznetzes Rheuma in Heidelberg berichtet hat.

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Die Einführung der Biologicals hat die Rheumatherapie nach Einschätzung von Lorenz revolutioniert. Früher sei das Fortschreiten der chronischen Polyarthritis mit der Basistherapie nicht zu stoppen gewesen. Auch Methotrexat könne nach fünf Jahren aufgrund seiner unerwünschten Effekte nur noch bei 60 Prozent der Patienten weiter angewandt werden.

Neue Therapieoptionen sind Blocker von TNF-alpha

Mit den TNF-alpha -Blockern Infliximab, Etanercept und Adalimumab sowie dem Interleukin-1-Rezeptorblocker Anakinra gibt es mittlerweile neue Therapieoptionen, um den chronischen Verlauf der entzündlichen Rheumaerkrankungen erfolgreich zu stoppen oder zu verzögern. Weiterentwicklungen für Rheuma-Kranke werden nach Angaben von Lorenz derzeit in klinischen Studien überprüft, etwa Immunbiologika zur Blockade der entzündungsfördernden B- und T-Zellen.

Blockiert werden dabei zum einen die Interleukine IL-15, IL-12 und IL-6 sowie das Interferon-gamma, zum anderen die Rezeptoren CD 20 oder CD 22 auf der Oberfläche von B-Zellen. Als Beispiele nannte Lorenz den CD 20-Antikörper Rituximab und den Interleukin-6-Rezeptor-Blocker MRA, auch ein Antikörper.

Rheumatologen versprechen sich, schon allein durch eine gezielte Früherkennung entzündlicher rheumatischer Erkrankungen dem Ziel, eine Chronifizierung zu verhindern, näher zu kommen. Mit dem Modellprojekt "Früharthritis-Sprechstunde" am Rheumazentrum Hannover etwa, das im November 2004 gestartet worden ist, soll der Effekt einer frühen Diagnose und der frühen gezielten Therapie auf den Verlauf der Erkrankung evaluiert werden.

Daß eine frühe Diagnose und eine früh begonnene Therapie den Krankheitsverlauf mit Gelenkzerstörungen günstig beeinflussen können, ist nach Angaben von Dr. Jan L. Hülsemann vom Rheumazentrum Hannover schon in mehreren Studien nachgewiesen worden. In den ersten Monaten nach Krankheitsbeginn werde ein "sensibles Zeitfenster" angenommen, das genutzt werden sollte, um ein Fortschreiten der Erkrankung zu stoppen oder hinauszuzögern, sagte Hülsemann.

Hannoveraner Modellprojekt zur Frühdiagnostik

In dem Hannoveraner Modellprojekt zur Arthritis-Früherkennung wird angestrebt, Patienten mit Verdacht auf eine entzündliche Rheumaerkrankung innerhalb von zehn Tagen bei einem rheumatologischen Facharzt vorzustellen. Die Patienten werden nach Bestätigung einer frühen Arthritis oder Spondyloarthritis in eine zweijährige prospektive Verlaufsstudie aufgenommen.

Den Hausärzten werden klare Kriterien für eine Überweisung an die Hand gegeben, die von der Arbeitsgemeinschaft Regionaler kooperativer Rheumazentren in der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie definiert worden sind.

Für die frühe Arthritis:

  • neu (unter zwei Jahre) oder wiederholt aufgetretene weiche Schwellung eines oder mehrerer Gelenke plus eines der folgenden Kriterien:
  • eine über 30 Minuten dauernde Morgensteifigkeit oder
  • erhöhte Entzündungsparameter (BSG und/oder CRP).

Für die frühe Spondyloarthritis:

  • neu aufgetretener (unter zwei Jahre) entzündlicher Rückenschmerz plus eines der folgenden Kriterien:
  • positives HLA-B 27 oder
  • positive Familienanamnese für Spondyloarthritis oder
  • Ansprechen auf nicht-steroidale Antirheumatika innerhalb von 48 Stunden.
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