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Treat-to-Target-Prinzip ist bei RA Behandlungsstrategie der Wahl

Die Welt der Rheumatoiden Arthritis (RA) hat sich in den vergangenen Jahren grundlegend verändert. Geprägt wird sie heute von zielgerichteten Biologikatherapien und dem Ziel der Remission.

Christina OttVon Christina Ott Veröffentlicht:

Das Treat-To-target-(T2T)Prinzip gilt heute als strategisches Vorgehen der Wahl im Therapieablauf. Dieses Prinzip konnte vor Kurzem im Vergleich zu "Standard of Care" in einer Studie überzeugen (Ann Rheum Dis 2016; 75: 16-22), erläuterte Professor Klaus Krüger beim Rheuma Update in Wiesbaden. Die konsequente Umsetzung des T2T-Prinzips sei mit einem optimalen Outcome verbunden.

Allerdings sieht die Realität etwas anders aus ,– so ist laut Kerndokumentation der regionalen kooperativen Rheumazentren nur etwas über ein Drittel der Patienten in Remission, knapp über die Hälfte weist eine moderate oder hohe Krankheitsaktivität auf, so der niedergelassene Rheumatologe aus München. 11 Prozent hatten überhaupt keine DMARD-Therapie, 52 Prozent hatten eine Monotherapie, und nur 9 Prozent Kombi-DMARDs (Z Rheumatol 2017; 76: 50-57).

Beherzt beginnen, beherzt beenden!

Als optimale Starttherapie gilt die Kombination aus dem csDMARD Methotrexat (Mtx) und Glukokortikoide (GC). Dies konnte unter anderem in der CareRA-Studie belegt werden. Hier lag die wöchentliche GC-Startdosis bei 30 mg, nach 8 Wochen bei 5 mg, und die Mtx-Startdosis bei 15 mg. Mtx und GC zeigte sich als Starttherapie zudem gleichwertig mit den DMARD-Kombinationen Mtx + Sulfasalazin (SSZ) + 60 mg Prednisolon oder Mtx + Leflunomid + 30 mg Prednisolon.

Bei Mtx-Unverträglichkeit oder Mtx-Kontraindikationen ist Leflunomid eine gleichwertige Alternative.

Für die Therapie mit GC gilt: Beherzt beginnen, beherzt beenden! So sollte mit 20 - 30 mg begonnen, und innerhalb von 6 bis 8 Wochen auf = 7,5 mg reduziert werden. Insgesamt sollte eine Therapiedauer von maximal 6 Monaten angestrebt werden: "Am Anfang sind die Patienten nicht unbedingt positiv dem Kortikoid gegenüber eingestellt. Dies ändert sich häufig durch die Perspektive, die Therapie in ein paar Monaten beenden zu können", so Krüger.

Bei weiteren csDMARDs gilt es zu beachten: Unter Leflunomid kann es zu einer – zum Teil massiven – Abnahme des Gewichts kommen (Arthritis Rheumatol 2016; 68: 1818-1827); Sulfasalazin wirkt genauso potent wie Low-dose-ASS als Thrombozyten- Aggregationshemmer (Clin Rheumatol 2016; 35: 447-455); Hydroxychloroquin ist ein optimaler Kombinationspartner bei Patienten mit hohem kardiovaskulären Risiko. Bestätigt wurde dies in einem systematischen Review mit 13 Studien, bei dem es unter anderem zu einer Senkung des LDL-Cholesterins, des Diabetesrisikos, der Rate kardiovaskulärer Komplikationen und des Blutdrucks kam. In aktualisierten amerikanischen Guidelines zur Antimalaria-Therapie wird grundsätzlich vor Therapiebeginn ein Screening mittels Fundusuntersuchung der Makula empfohlen(Arthritis Rheum 2016; 68: 1805-1809). Liegen keine Risikofaktoren vor, wird ein jährliches Screening ab dem 6. Behandlungsjahr empfohlen, bei Vorhandensein von Risikofaktoren von Anfang an.

Bei Fehlen einer Therapieantwort nach 12 Wochen ist der nächste Therapieschritt angezeigt. Als Zweitlinie werden in den aktuellen EULAR-Leitlinien bei ungünstiger Prognose – in der Regel bei radiologischer Progression – obligatorisch als gleichwertige Starttherapie Biologikas wie TNF-Blocker, Abatacept und Tocilizumab genannt (Annals of the Rheumatic Diseases 2017; 76: 960-977). Bei Primärversagen der Ersttherapie ist ein Wechsel des Wirkprinzips wahrscheinlich sinnvoll, so Krüger. Bei Umstellung wegen Unverträglichkeit gilt dies nicht. Bei Sekundärversagen ist noch nicht eindeutig geklärt, ob man das Wirkprinzip wechseln sollte, oder, ob man noch einen zweiten TNF-Blocker einsetzen kann.

Laut Kerndokumentation des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums in Berlin ist der Anteil der Monotherapie an den Biologika-Verordnungen von 2010 bis 2014 von 30 auf 37 Prozent gestiegen. In einer Metaanalyse mit über 8600 Patienten gingen die Autoren der Frage nach, welches der 9 für RA zugelassene Biologika (Abatacept, Adalimumab, Anakinra, Certolizumab, Etanercept, Golimumab, Infliximab, Rituxizumab, Tocilizumab), am ehesten für eine Monotherapie geeignet sind (Seminars in Arthritis and Rheumatism 2017; 46(6): 699-708)). "Die Daten zeigen, dass wir mit Tocilizumab und Etanercept zwei Biologika haben, die man in der Monotherapie gut einsetzen kann", erläuterte Krüger.

Gelingt es, eine anhaltende Remission zu erreichen, ist ein Absetzversuch gerechtfertigt. Der Therapieabbau sollte schrittweise erfolgen, und die Patienten engmaschig überwacht werden, damit im Fall eines Flare sofort wieder therapiert werden kann.

Erweitertes Therapiespektrum

Neue, seit kurzem zugelassene orale Substanzen sind die Januskinase-(JAK)-Hemmer Tofacitinib (JAK1/3) und Baricitinib (JAK1/2). Aufgrund der unterschiedlichen Halbwertszeit wird Tofacitinib zweimal am Tag, und Baricitinib einmal am Tag gegeben. In den EULAR-Empfehlungen werden die JAK-Hemmer auf einer Stufe mit den Biologika eingeordnet.

Jüngst zugelassen wurde auch der Interleukin-6-Rezeptor (IL-6R)-Hemmer Sarilumab.

Therapieeskalation bei RA

- 1. Therapieschritt: Als Starttherapie der Wahl gilt die Kombination Methotrexat (Mtx) und Glukokortikoid

- 2. Therapieschritt: Bei fehlendem Therapieansprechen nach drei Monaten, wird die DMARD-Therapie durch Kombinationspartner ergänzt

- 3. Therapieschritt: Mtx plus Biologikum bzw. Mtx plus Wechsel des Biologikums mit einem anderen Wirkprinzip

- evtl. Therapieabbau: Absetzversuch bei anhaltender Remission möglich – schrittweise GC ausschleichen, Biologikum reduzieren, dabei Patienten engmaschig überwachen

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