Beckenbodentraining

Pause beim Pinkeln eher schädlich

Unterbrechen Frauen beim Urinieren absichtlich den Harnstrahl, um ihre Beckenbodenmuskulatur zu trainieren, kann das deutliche Nebenwirkungen haben: Das Restharnvolumen wird erhöht, der maximale Urinfluss reduziert.

Thomas MüllerVon Thomas Müller Veröffentlicht:
Beim Urinieren besser laufen lassen: Die Sonografie ergab ein fast fünffach höheres Restharnvolumen nach der unterbrochenen Miktion.

Beim Urinieren besser laufen lassen: Die Sonografie ergab ein fast fünffach höheres Restharnvolumen nach der unterbrochenen Miktion.

© Monthira / stock.adobe.com

Das Wichtigste in Kürze

Frage: Welche Auswirkungen hat eine unterbrochene Miktion auf die Blasenfunktion?

Antwort: Das Restharnvolumen erhöht sich deutlich, der maximale Harnfluss wird verringert.

Bedeutung: Die Miktionsunterbrechung schadet eher, als dass sie nützt.

Einschränkung: Kleine Studie.

Paris. Nicht jeder Gesundheitstipp im Internet oder in Lifestyle- und Frauenmagazinen ist harmlos: Versuchen Frauen, ihre Beckenbodenmuskulatur durch absichtliche Miktionsunterbrechungen zu trainieren, schadet dies offenbar der Blasenfunktion, berichten Urologen um Dr. Camille Chesnel vom Hôpital Tenon in Paris (Int J Urol 2019; 14. September).

Die Ärzte kommen zu diesem Schluss, nachdem sie die Auswirkungen eines Pinkelstopps bei 20 gesunden Probandinnen untersucht hatten. Die Frauen im Durchschnittsalter von 39 Jahren und mit einem BMI von im Mittel 21 wurden zu jeweils zwei Harnflussmessungen gebeten.

Harnstrahl alle drei Sekunden unterbrochen

Bei der einen Messung urinierten sie ganz normal bis zur kompletten Blasenentleerung, bei der anderen unterbrachen sie alle drei Sekunden kurz den Harnstrahl.

Die Frauen sollten erst bei deutlichem Harndrang zur Toilette gehen, per Zufall wurde entschieden, ob zuerst eine normale oder unterbrochene Miktion vorgesehen war. Jedes Mal bestimmten die Ärzte die üblichen Miktionsparameter und per Ultraschall das Restharnvolumen der Blase.

Den Frauen fiel die Prozedur nicht leicht, zwei Drittel empfanden sie als sehr unangenehm.

Fünffach erhöhtes Restharnvolumen

Die Sonografie ergab ein fast fünffach höheres Restharnvolumen nach der unterbrochenen Miktion (37 versus 8 ml), fünf der Frauen mit deutlichem Restharnvolumen nach der unterbrochenen Miktion hatten überhaupt kein Restharnvolumen nach dem normalen Pinkeln.

Mit den Unterbrechungen benötigten die Frauen 56 Sekunden für die Entleerung, ohne knapp 30 Sekunden, zudem war der maximale Harnfluss bei der unterbrochenen Miktion signifikant geringer (18 versus 27 ml/min).

Zum Teil waren die Intervalle von 3 Sekunden beim Wasserlassen wohl zu kurz, um den maximalen Harnfluss zu erreichen, zum Teil lag es wohl an dem hemmenden Perineodetrusorreflex, vermuten die Ärzte.

Infektionsgefahr steigt

Da mit dem Restharnvolumen auch die Infektionsgefahr steigt, seien Beckenbodenübungen mit unterbrochener Miktion nicht zu empfehlen, geben die Ärzte um Chesnel zu bedenken.

Zudem könnten solche Übungen eine funktionelle Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie auslösen, auch gebe es bislang keine Hinweise, dass die Prozedur der Muskulatur nützt oder einer Harninkontinenz vorbeugt.

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