Erektile Dysfunktion ist oft Zeichen einer komplexen Erkrankung

Auch bei älteren Menschen ist ein Sexualleben wichtig, fördert es doch das emotionale Wohlbefinden und erhält die partnerschaftliche Beziehung. Für Männer mit erektiler Dysfunktion gibt es einige Therapiemöglichkeiten, um eine ausreichende Erektion zu bekommen. Aufgrund ihrer Wirksamkeit sowie bequemen und diskreten Anwendung haben sich die PDE-5-Hemmer weitgehend durchgesetzt.

Veröffentlicht:

Frank Sommer und Udo Engelmann

Die erektile Dysfunktion (ED) ist eine Sexualstörung, bei der durch Nachlassen der Tumeszenz und Rigidität des Penis ein befriedigender Geschlechtsakt nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr möglich ist. In den USA haben 52 Prozent aller Männer zwischen dem 40. und 70. Lebensjahr Potenzstörungen und sind dadurch in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt.

In Deutschland kamen wir in eigenen Untersuchungen zu ähnlichen Ergebnissen. Daß ein normales, gesundes Sexualleben auch bei Älteren wichtig ist, ist in Studien dokumentiert. Es fördert das emotionale Wohlbefinden und trägt zum Erhalt der partnerschaftlichen Beziehung bei.

Noch bis vor etwa 15 Jahren war man der Ansicht, daß die ED zum großen Teil psychologische Ursachen hätte. Wir wissen heute, daß bei 55 bis 90 Prozent der Patienten mit ED eine organische Beeinträchtigung vorliegt, zum Beispiel aufgrund von Veränderungen am Penis direkt, seiner Blutversorgung (Atherosklerose) oder an den Nervenbahnen (Diabetes mellitus).

Mit Einführung von Sildenafil (Viagra®), des ersten oralen PDE-5-Hemmers, 1998 in Deutschland sind die Therapieoptionen bei ED deutlich verbessert worden. Und seit Frühjahr letzten Jahres gibt es zwei weitere PDE-5-Hemmer: Tadalafil (Cialis®) und Vardenafil (Levitra®).

Die PDE-5-Hemmer gelten inzwischen als Therapie der ersten Wahl bei ED. Andere Therapieoptionen haben an Bedeutung verloren und kommen vor allem dann in Betracht, wenn PDE-5Hemmer nicht wirksam sind, nicht vertragen werden oder wenn Kontraindikationen bestehen.

Die PDE-5-Hemmer wirken nur bei sexueller Stimulation im Gehirn. Sie hemmen die Typ-5-Phosphodiesterase. Dies führt über mehrere Kaskaden zur Relaxation der glatten Muskulatur. Auf diese Weise kann eine natürlich eingeleitete Erektion verstärkt und über längere Zeit gehalten werden.

Mit PDE-5-Hemmern bei bis zu 80 Prozent ausreichende Erektion

Mit diesen Medikamenten kann bei etwa 80 Prozent der Patienten mit ED eine ausreichende Erektion erzielt werden. Die Substanzen werden in verschiedenen Wirkstärken angeboten: Sildenafil 25, 50 und 100mg, Vardenafil 10 und 20mg, Tadalafil 10 und 20mg. Patienten sollten bei den ersten Anwendungen mit der mittleren Dosis beginnen.

Sildenafil sollte etwa 60 Minuten und Vardenafil etwa 30 Minuten vor dem Geschlechtsverkehr eingenommen werden, die Wirkung hält vier (Sildenafil) oder sechs Stunden (Vardenafil) an. Bei Tadalafil werden die maximalen Wirkspiegel nach zwei Stunden erreicht, und die Wirkung hält bis zu 36 Stunden an.

Die Wirksamkeit von Sildenafil wurde in mehr als 100 Studien mit mehr als 15 000 Patienten nachgewiesen. Sie lag bei nicht organischer ED bei 84 Prozent, bei organischer ED bei 68 Prozent.

In Studien mit Tadalafil war bis zu 36 Monate eine ausreichende Erektion bei 60 Prozent der Kohabitationen in der Gruppe, die die maximale Dosis von 20mg Tadalafil eingenommen hatte, möglich, in der Placebo-Gruppe nur bei 30 Prozent.

Vardenafil war in Studien bei allen Schweregraden der ED besser wirksam als Placebo. 46 Prozent der Männer mit ED, bei denen die Therapie mit 100mg Sildenafil erfolglos blieb, konnten mit Vardenafil einen Koitus bis zum Ende ausführen.

Studien mit allen PDE-5-Hemmern haben ergeben, daß die Häufigkeit unerwünschter Wirkungen dosisabhängig ist. Am häufigsten wird über Kopfschmerzen, Gesichtsröte, Sodbrennen und Nasenkongestionen berichtet.

Eine absolute Kontraindikation besteht bei Patienten mit frischem Herzinfarkt und Schlaganfall (bis zu sechs Monaten nach dem Ereignis), schwerer Angina pectoris oder schweren Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz, schwerer koronarer Herzkrankheit, schwerer Leberinsuffizienz, terminaler Niereninsuffizienz und bei Einnahme von Nitraten und Molsidomin.

Weitere Optionen: Apomorphin, Yohimbin und Alprostadil

Apomorphin sublingual (Ixense®, Uprima®) oder Yohimbin (etwa Yohimbin "Spiegel"®) sind für Patienten, bei denen Kontraindikationen gegen PDE-5-Hemmer bestehen, die Therapiealternative. Als zentral angreifender Dopamin-Agonist ahmt Apomorphin die natürliche Erektionsauslösung durch seine Wirkung auf die hypothalamischen Kerngebiete nach. Die Wirkung setzt etwa 20 Minuten nach der Einnahme ein.

Für Patienten, bei denen eine orale Behandlung nicht ausreicht, gibt es weitere Therapiealternativen.

Bei der intrakavernösen Injektionstherapie (SKAT) wird Alprostadil (Caverject®, Viridal®) vor der sexuellen Aktivität in den Schwellkörper injiziert. Nach zehn bis 25 Minuten weist der Penis die nötige Rigidität für den Geschlechtsverkehr auf.

Bei der intraurethralen Therapie wird ein Pellet, das Alprostadil (MUSE®) enthält, mit einem Applikator in die Harnröhre eingeführt. Nach etwa 15 Minuten kommt es zur Erektion, die 45 bis 60 Minuten anhält. Im Vergleich zur SKAT kommt es nur bei etwa der Hälfte der Männer zu einer ausreichenden Erektion.

Schwellkörperimplantat als Ultima ratio

Vakuumerektionshilfen sorgen mit Hilfe eines Glas- oder Plastikzylinders, in den der Penis eingeführt wird, durch Absaugen der Luft für ein Vakuum. Der Unterdruck führt zu einem verstärkten Blutzufluß in die Schwellkörper und damit zu einer Erektion. Ist der Penis ausreichend erigiert, wird zuerst an der Peniswurzel ein Torniquet (zum Beispiel ein Gummiring) übergestreift, der den Blutabfluß verhindert, und dann der Zylinder entfernt. Nach dem Geschlechtsverkehr wird der Gummiring wieder abgenommen und der Penis erschlafft.

Wenn die genannten konservativen Therapiemaßnahmen nicht zum Erfolg geführt haben, kommt eine Penisprothese (Schwellkörperimplantat) in Frage. Sie wird operativ in den Penis eingesetzt und sorgt für eine künstliche Versteifung des Gliedes. Diese Penisprothesen zeigen kaum einen Verschleiß und sind auch nach Jahrzehnten noch funktionstüchtig und effektiv. Bei hydraulischen Implantaten wird mit einer Pumpe, die in den Hodensack eingesetzt ist, Flüssigkeit in einen künstlichen Schwellkörper gepumpt, bis der Penis steif ist. Auf diese Weise läßt sich ein natürlicher Erektionsablauf nachahmen.

Gesprächs- und Psychotherapie bei psychogen bedingter ED

Bei Patienten mit psychogen bedingten Erektionsproblemen können Erfolge über eine psychologische Beratung erzielt werden. Zudem helfen diesen Patienten auch PDE-5-Hemmer. Bei Patienten mit psychogener ED kann manchmal schon ein erfolgreiches Erlebnis genügen, um die Potenz zurückzugewinnen.

Ist die Libido im vorgerückten Alter vermindert, so ist die Ursache in der Regel ein Nachlassen der Testosteron-Produktion. In diesem Zusammenhang sollte nicht unerwähnt bleiben, daß älter werdende Männer, die mehr als einmal pro Woche Geschlechtsverkehr haben, in der Regel höhere Testosteron-Spiegel aufweisen als Männer mit geringerer sexueller Aktivität.

Testosteron ist nicht nur wegen seiner libidosteigernden Wirkung bedeutsam. Es kann auch bei Erektionsstörungen eingesetzt werden, jedoch nur unter der Voraussetzung, daß ein verminderter Testosteron-Blutspiegel, das heißt Werte unter 10,4nmol / l, vorliegt, was bei etwa jedem zehnten bis zwanzigsten Mann mit ED zutrifft. Testosteron kann oral (Andriol®) oder transdermal als Gel (Androtop®-Gel, Testogel®) angewandt werden. Normalisierte Testosteron-Spiegel sind nach zwei bis zehn Tagen nachweisbar.

PD Dr. Frank Sommer, Prof. Dr. Udo Engelmann, Klinik und Poliklinik für Urologie der Medizinischen Einrichtung zu Köln, Joseph-Stelzmann-Str. 9, 50931 Köln, Tel.: 0221 / 478-4260, Fax: 478-6256, E-Mail: Frank.Sommer@maennergesundheit.info



ED kann Vorbote einer Atherosklerose sein

Mit einem Anteil von mehr als 50 Prozent sind Gefäßerkrankungen wie koronare Herzkrankheit, Hypertonie und Hypercholesterinämie die häufigsten organischen Ursachen für eine erektile Dysfunktion (ED).

Die Erektionsstörung kann sogar als Frühsymptom einer generalisierten Atherosklerose angesehen werden. Während der sexuellen Erregung ist die funktionelle Durchblutungssteigerung aufgrund der Gefäßwandveränderungen nicht ausreichend. Die ED gilt wegen dieser engen Verbindung zur Atherosklerose als Prodrom einer KHK. Im allgemeinen treten die ED-Symptome ein bis fünf Jahre vor den durchblutungsbedingten Herzbeschwerden auf.

Jeder Patient mit Erektionsschwächen sollte daher zur Darstellung der Durchblutungsverhältnisse vom Urologen am Penis duplex-sonographisch untersucht werden. Bei schwerer peniler Durchblutungsstörung sollten diese Männer unbedingt auch kardiologisch untersucht werden. Bei 40 Prozent der Patienten, die sich mit einer ED bei ihrem Urologen vorstellten - ohne kardiale Symptome zu haben -, fand man bei der Koronarangiographie signifikante Stenosen der Arterien.

Auch Medikamente können Potenzstörungen auslösen

Ein Diabetes mellitus kann sowohl die Nerven schädigen als auch die Durchblutung beeinträchtigen. Bei mehr als der Hälfte der Männer mit Typ-2-Diabetes kommt es innerhalb von zehn Jahren nach dieser Diagnose zu Erektionsstörungen. Andererseits kann die ED auch ein Vorbote für die Entwicklung eines Diabetes sein und erkennbaren Veränderungen der Glukosetoleranz vorausgehen.

Bei einem Teil der Patienten wird die ED auch durch Medikamente, etwa Antihypertensiva oder Antidepressiva, verursacht. Hier kann versucht werden, durch einen Medikamentenwechsel oder eine Dosisreduktion die ED-Symptome zu lindern oder zu beseitigen. (Sommer / Engelmann)

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