Doppelstrategie empfohlen

Wenn junge Männern Erektionsprobleme haben

Auch junge, gesunde Männer - und zwar gar nicht so wenige - haben Probleme mit der Erektion. US-Urologen haben für Betroffene eine doppelte Strategie - aus Medikamenten und psychosexueller Therapie - entwickelt.

Dr. Robert BublakVon Dr. Robert Bublak Veröffentlicht:
Wenn er nicht "kann", hilft die Kombination aus Arneimitteln und Psychotherapie anscheinend oft gut.

Wenn er nicht "kann", hilft die Kombination aus Arneimitteln und Psychotherapie anscheinend oft gut.

© Wisky / Stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodellen)

CHICAGO. Erektile Dysfunktion (ED) wird in den meisten Artikeln zu diesem Thema als Problem älterer Männer angesehen. Doch inzwischen entfällt jede vierte ED-Neudiagnose auf einen Mann unter 40. Viele Betroffene sind kerngesund, jedenfalls sind keine der bei älteren Männern so häufigen vaskulären, neurogenen, endokrinen oder strukturellen Anomalien auszumachen. Dennoch haben sie Probleme, Erektionen zu bekommen oder aufrechtzuerhalten.

Wie kommt's? Darüber ist wenig bekannt. Eine mögliche Ursache für die oft so bezeichnete psychogene ED ist ein erhöhter Sympathikotonus. Demnach wird das spinale Erektionszentrum gehemmt oder die sympathischen Efferenzen sind verstärkt, das erhöht den Tonus der glatten Muskulatur im Penis und erschwert die Vasodilatation.

Diagnose "Psychogene ED"

Ein therapeutisches Management, das speziell auf diese Gruppe von ED-Patienten zugeschnitten ist, haben Urologen um Adam Wiggins vom Rush University Medical Center in Chicago entwickelt (BJU Int 2018, online 11. Juli).

Zunächst wird in klassischer Manier eine umfängliche Anamnese erhoben. Es folgt eine gründliche körperliche Untersuchung. Biothesiometrie gehört ebenso zum diagnostischen Instrumentarium wie die penile Duplexsonografie, bei Patienten ohne Ansprechen auf PDE-5-Hemmer mit der Injektion vasoaktiver Substanzen. Labortests, die auch das Endokrinium abbilden, werden ebenfalls herangezogen.

Bringt all diese urologische Akribie keine ED-Ursache ans Licht, erörtern die Chicagoer Urologen mit ihren Patienten die Möglichkeit einer psychogenen ED. Dabei erfährt der Patient Näheres über die Mechanismen, mit denen das ZNS eine Erektion durchkreuzen kann, ohne dass dies bewusst würde.

Sodann händigen die Ärzte den Männern ein Rezept über Tadalafil aus. Verordnet werden 5 mg zur Nacht, bei Bedarf können aber bis zu 20 mg ein bis zwei Stunden vor dem Sexualverkehr eingenommen werden. Acht Wochen später werden die Patienten wieder einbestellt.

Psychosexuelle Therapie als mögliche Ergänzung

War der Erfolg hinreichend, wird versucht, das Tadalafil zu reduzieren mit dem Ziel, es auszuschleichen. Hat Tadalafil allein nicht ausgereicht, schickt man die Patienten zu einem Spezialisten für psychosexuelle Therapie.

In einer retrospektiven Analyse der Daten von 185 Männern unter 40 mit ED haben Wiggins und Kollegen untersucht, wie oft diese Doppelstrategie zum Erfolg führt. Bei 73 ließ sich keine ED-Ursache identifizieren. Im Mittel waren die Patienten 32 Jahre alt. Probleme, eine Erektion zu bekommen, hatten 85 Prozent, sie zu halten, 98 Prozent.

Nach sechsmonatiger Behandlung berichteten nur noch 42 Prozent der Männer, die ursprünglichen Probleme bestünden weiter. 58 Prozent waren mit ihren Erektionen zufrieden. Auch die Orgasmusfunktion und die allgemeine Zufriedenheit hatten sich signifikant gesteigert.

"Unser Ansatz für Männer unter 40 mit ED ohne erkennbare organische Ursache scheint eine vernünftige und wirksame Erstlinientherapie darzustellen", lautet das Fazit der US-Urologen. Kollegen könnten sich daran orientieren, wenn sie sich dieser potenziellen therapeutischen Herausforderung stellten.

Alternativen zur Doppelstrategie

Für Patienten, die auf die Doppelstrategie nicht ansprechen, verfügen Wiggins und Kollegen über weitere Pfeile im Köcher. Die penile Vaskulatur wird dann unter Einsatz intrakavernöser vasoaktiver Injektionen noch genauer auf Integrität untersucht. Als Behandlung kommen die Schwellkörper-Autoinjektionstechnik, die Vakuumtherapie, medikamentöse urethrale Systeme zur Erektion und der Einsatz von Penisprothesen in Betracht.

Von diesen Verfahren spielten nur die intrakavernösen Injektionen in der Studienpopulation eine Rolle: Zwölf Prozent der Männer griffen zu solchen Spritzen. Doch ein Drittel der Männer erreichte die volle Rückkehr der Erektionsfähigkeit unter Tadalafil allein und benötigte nach dem Austitrieren keinerlei Therapie mehr.

42 Prozent nahmen den PDE-5-Hemmer weiter, neun Prozent benötigten einen Booster vor dem Sex. Zwölf Prozent waren in psychosexueller Behandlung.

Die Studie in Kürze

  • Frage: Wie kann jungen, gesunden Männern mit Erektionsstörungen geholfen werden?
  • Antwort: Eine Doppelstrategie mit der Verordnung eines PDE-5-Inhibitors und psychosexueller Therapie kann mehr als der Hälfte der Betroffenen zu zufriedenstellenden Erektionen verhelfen.
  • Einschränkung: Die Zahl der Patienten war gering, die Analyse retrospektiv. Zudem hatten 71 Prozent der ED-Patienten auch unbehandelt noch Erektionen, die immerhin für die Penetration ausreichten.
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