Mit im Boot der Palliativversorgung

Apotheker können bei der Versorgung von Schwerkranken wichtige Partner sein. Um aber als solche wahrgenommen zu werden, müssen sie aktiv werden, so Dr. Matthias Rothenberger.

Ruth NeyVon Ruth Ney Veröffentlicht:
Eine helfende Hand aus Praxis, Pflege oder Apotheke kann alte, multimorbide Patienten bei der Versorgung unterstützen.

Eine helfende Hand aus Praxis, Pflege oder Apotheke kann alte, multimorbide Patienten bei der Versorgung unterstützen.

© dpa

Seit zehn Jahren arbeitet Dr. Matthias Rothenberger, Inhaber der Apotheke am Hochfeld in Wiesbaden-Erbenheim, bereits im Bereich Palliative Care. "Damals gab es den Begriff in Deutschland noch gar nicht", berichtet er im Gespräch mit ApothekerPlus.

Doch von Anfang an sei es ihm wichtig gewesen, mit auf Visite und zu Besprechungen zu gehen, nachdem ein Hospiz bei der Apotheke Belieferungsmöglichkeiten angefragt habe.

"Palliativversorgung ist Teamarbeit, die von jeder mitwirkenden Profession eine gute Qualifikation erfordert", ist Rothenberger überzeugt. Die Apotheke arbeitet daher seit Jahren an der Entwicklung pharmazeutischer Versorgungsstrategien für die integrierte palliative Versorgung.

Außerdem fragte er bei Ärzten ab, was sie von einer Apotheke erwarten, die als ernst zu nehmender Partner in der Palliativversorgung wahrgenommen werden möchte. Inzwischen ist die Apotheke fest integrierter Partner etwa im HospizPalliativNetz Wiesbaden und beim Hospizdienst "Leuchtturm".

Doch noch ist es nicht so, dass jedes Team einer spezialisierten ambulanten palliativen Versorgung (SAPV) immer eine Apotheke mit ins Boot holt. "Ich fände es essenziell, wenn sich künftig jedes SAPV-Team, das sich bei einer Krankenkasse anmeldet, zwangsläufig mit einer qualifizierten Apotheke in Verbindung setzen muss", so der Pharmazeut.

Denn nur so könnten die Qualitätsansprüche an eine umfassende Palliativversorgung eigentlich erfüllt werden.

Erste Verträge mit Kassen integrieren auch Apotheker

Er verwies dabei auf erste Verträge etwa in Hamburg und in Bayern zwischen SAPV-Teams und Krankenkassen, bei denen auch eine Apotheke integriert sei. Rothenberger: "Auch hier in Hessen haben wir mit der AOK gesprochen. Die war allerdings nicht zu einer vergleichbaren Vereinbarung bereit."

Allerdings müssten sich Apotheker generell noch aktiver auf diesem Feld einbringen. Dazu finde in Apotheken noch zu wenig Qualifizierungswettbewerb statt. "Man muss das auch standespolitisch sehen: Apotheken müssen heute etwas anbieten können.

Denn alle qualifizieren sich zusätzlich, auch die Ärzte. Und deshalb ist es einfach wichtig, sich als qualifizierte Palliativapotheke präsentieren zu können." Dazu gibt es seit November 2008 ein von der Bundesapothekerkammer gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin verabschiedetes Curriculum, die Zertifikatsfortbildung "Palliativpharmazie".

"Außerdem ist die Palliativversorgung ein zukunftsträchtiges Feld", ist sich Rothenberger sicher. "Den Service einer modernen SAPV möchten immer mehr Patienten in Anspruch nehmen." Hilfreich sei auch, gezielt auf Ärzte zuzugehen.

Denn nach seinen Erfahrungen wüssten diese oft gar nicht, was Apotheken im Bereich der Palliativversorgung alles leisten können und welche Qualifikationen sie zum Teil bereits haben. "Denn eigentlich sind Ärzte oft zu einer strukturierten Zusammenarbeit mit einer Apotheke bereit."

Doch nicht jede Apotheke eignet sich als Palliativapotheke. "Wichtig ist, dass ausreichend Personal vorhanden ist, eine gute Logistik durch einen Boten- oder Fahrdienst und eine Buchhaltung mit moderner EDV", so Rothenberger.

Dann sei auch die 24-Stunden-Rufbereitschaft gut zu managen, da sie nur relativ selten in Anspruch genommen werden müsse. "Palliativpharmazie kann man nicht so nebenbei machen", betont er.

"Keine Arbeit, die man nebenbei macht"

Es sei ein ständiger Austausch mit den Partnern nötig, dazu gehöre auch die Teilnahme an den Teambesprechungen der Ärzte und Pfleger. Doch auch jede normale Apotheke könne sich im Austausch mit Ärzten engagieren.

Lohnt sich der Aufwand? "Derzeit ist es auf jeden Fall eine wirtschaftliche Stütze. Was ein Betriebswirt zur Rentabilität sagen würde, möchte ich nicht wissen, aber die haben auch keine Ahnung von Versorgung", so Rothenberger.

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