Mammografie: Jedes fünfte Malignom noch nicht invasiv

Das Mammografie-Screening in Deutschland ist seit fast drei Jahren voll in Betrieb. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass Mammakarzinome zu einem hohen Prozentsatz früher entdeckt werden. Dennoch: 15 Prozent der Befunde sind falsch-positiv.

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Etwa jedes dritte mit der Mammografie entdeckte invasive Karzinom ist kleiner als 10 Millimeter.

Etwa jedes dritte mit der Mammografie entdeckte invasive Karzinom ist kleiner als 10 Millimeter.

© Dr. Matthias Eberhardt / Arteria Photography

NEU-ISENBURG (bd). Das Mammografie-Screening-Programm ist in ganz Deutschland seit fast drei Jahren flächendeckend umgesetzt. Die letzte der 94 Screening-Einheiten nahm Anfang 2009 ihren Betrieb auf.

Mammografie alle zwei Jahre

Fast zehn Millionen Frauen im Alter zwischen 50 und 69 Jahren werden nun bundesweit alle zwei Jahre zum Mammografie-Screening eingeladen. Etwa jede zweite Frau - rund 54 Prozent - hat im Jahr 2009 von diesem Früherkennungsangebot Gebrauch gemacht.

Dies geht aus dem neuesten Evaluationsbericht über den Screening-Zeitraum 2008 bis 2009 hervor, der derzeit von der Kooperationsgemeinschaft Mammographie erstellt wird.

Mammobile vor allem in großflächigen Gebieten im Einsatz

Jede Screening-Einheit hält mehrere Untersuchungsstandorte vor. Bundesweit sind dies 380, wobei 60 mobil als sogenannte Mammobile unterwegs sind. Pro Einheit werden durchschnittlich 120.000 anspruchsberechtigte Frauen versorgt.

Die Mammobile sind vor allem in großflächigen Gebieten wie Niedersachsen, Brandenburg und Thüringen im Einsatz. Feststellen lässt sich ein Unterschied der Teilnahmerate zwischen Großstadt und ländlichen Gebieten.

Dies sei zwar nicht eigens explizit ausgewertet worden, erklärt die Kooperationsgemeinschaft auf Anfrage der "Ärzte Zeitung", jedoch lasse sich beobachten, dass das Angebot der Röntgen-Reihenuntersuchung wohl tendenziell von Frauen in ländlichen Gebieten stärker wahrgenommen wird.

Teilnehmerrate hat sich erhöht

Damit füllt dieses Programm nach Einschätzung des Vizepräsidenten der Deutschen Gesellschaft für Senologie, Professor Rüdiger Schulz-Wendtland, die frühere Versorgungslücke im ländlichen Raum: "Früher sind nicht viel mehr als zehn Prozent der Frauen auf dem Land überhaupt zur Mammografie gegangen", sagt der Radiologe.

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Nunmehr habe sich der Anteil verfünffacht. Beobachtet wird auch eine höhere Teilnahmerate in den neuen Bundesländern.

Bei etwa jeder achten von 1000 Frauen wurde im Screening-Zeitraum 2008 bis 2009 in der Erstuntersuchung Brustkrebs entdeckt, bei jeder fünften bis sechsten Frau war dies der Fall, die schon wiederholt am Screening teilgenommen hatte.

Fast 20 Prozent der in der Erstuntersuchung entdeckten Karzinome waren in situ. Unter den entdeckten invasiven Karzinomen waren bei der Erstuntersuchung 30 Prozent kleiner als 10 Millimeter, bei den Folgeuntersuchungen knapp 35 Prozent.

Relation zwischen richtig-positivem zu falsch-positivem Befunden beträgt 85 zu 15

Unter 15 Millimeter groß war jedes zweite Karzinom bei der Erstuntersuchung und 57 Prozent bei den nachfolgenden Untersuchungen. Die Relation von richtig-positiven zu falsch-positiven Befunden beträgt im deutschen Screening-Programm 85 zu 15.

Dies ist nach Angaben von Corinna Heinrich, Sprecherin der Kooperationsgemeinschaft Mammographie, charakteristisch für eine Screening-Situation. Hier gelte es zu berücksichtigen, dass sich der Verdacht bei rund 82 Prozent der falsch-positiven Befunde schon bei der zweiten bildgebenden Untersuchung als unbegründet herausgestellt hat und den Frauen Entwarnung gegeben werden konnte.

Nutzen von Mammografie-Screening wird kontrovers diskutiert

Über den Nutzen des Screening-Programms wird seit dessen Einführung in Deutschland kontrovers diskutiert. Was sich jetzt schon abzeichnet ist, dass die Karzinome zu einem hohen Prozentsatz früher entdeckt werden. Doch letztlich ist der Einfluss des Screenings auf die Mortalitätsrate der entscheidende Messparameter für dessen Nutzen.

Frühestens in zehn bis 15 Jahren nach dem Start des Screening-Programms wird man in Deutschland Effekte bezüglich des Rückgangs der Brustkrebs-Sterberate sehen, schätzt die Kooperationsgemeinschaft. Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich eindeutige Effekte sogar erst nach mehreren Jahrzehnten zeigen. Darauf wird man in Deutschland also noch einige Zeit warten müssen.

Indes befürchtet Professor Walter Heindel aus Münster, Beiratsmitglied der Kooperationsgemeinschaft Mammographie, dass die Frauen durch häufig verkürzte Informationen in den Publikumsmedien über das Für und Wider der Mammografie verunsichert würden, obwohl es vor dem Screening-Programm in Deutschland nie eine so qualitätsgesicherte und überprüfte Krebsfrüherkennung gegeben habe.

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