Vorsorge: nicht nur Einsicht, auch Handeln

Einer Allensbach-Umfrage zufolge haben 60 Prozent der Menschen ab 55 schon einmal mit ihrem Arzt über Darmkrebs-Vorsorge gesprochen. Wie berechtigt solche Gespräche sind, zeigt eine Evaluation der Vorsorge-Koloskopien seit 2002: Bei einem Viertel der Untersuchten wurden Neoplasien entdeckt.

Von Ingeborg Bördlein Veröffentlicht:

Seit 2002 sind ungefähr drei Millionen Vorsorge-Koloskopien gemacht worden. Bei mehr als einem Viertel der untersuchten 55- bis 74-Jährigen wurden dabei Darmkrebs-Vorstufen entdeckt.

Rund 210 000 Teilnehmer hatten hyperplastische Polypen, 456 000 hatten ein tubuläres Adenom, das bei 153 000 bereits fortgeschritten war, berichtete Dr. Gerhard Brenner bei einer Veranstaltung der Stiftung LebensBlicke in Ludwigshafen. Das Vorstandsmitglied der Stiftung war für die bundesweite Evaluation des Screenings verantwortlich.

Darmkrebs wächst über zehn Jahre aus Vorstufen. Werden sie in diesem Zeitfenster entdeckt, ist eine Heilung möglich.

Darmkrebs wächst über zehn Jahre aus Vorstufen. Werden sie in diesem Zeitfenster entdeckt, ist eine Heilung möglich.

© Foto:Sebastian Kaulitzkiwww.fotolia.de

Diese Zahlen belegen, wie wichtig die Vorsorge ist. Denn werden die Neubildungen bei einer Darmspiegelung frühzeitig entdeckt, können sie per Polypektomie entfernt werden. Hausärzte leisten einen wesentlichen Beitrag, Patienten für die Koloskopie zu gewinnen, ergab eine repräsentative Allensbach-Umfrage im Auftrag der Stiftung LebensBlicke. Demnach haben knapp 60 Prozent der 1800 Befragten über 50 Jahre geantwortet, schon einmal mit einem Arzt über die Darmkrebs-Vorsorge gesprochen zu haben. 70 Prozent von ihnen erhielten eine Empfehlung zur Darmspiegelung, 46 Prozent eine Empfehlung zum Stuhltest. Ein Teil der Ärzte rate also zu beiden Vorsorgemaßnahmen, sagte Brenner. Lediglich 19 Prozent der Befragten gaben an, sich mit dem Thema noch nie beschäftigt zu haben.

Das erstaunlichste Ergebnis war nach Angaben von Brenner, dass 42 Prozent der Befragten über 50 Jahre schon einmal eine Darmspieglung haben machen lassen. Dies umfasst nicht nur die präventiven, sondern auch die kurativen Koloskopien wegen Symptomen wie Blut im Stuhl oder Darmbeschwerden. Allein in Arztpraxen werden ambulant etwa eine Million kurative und gut halb so viele präventive Koloskopien jährlich gemacht, so Brenner.

Nur ein Drittel der Befragten war überzeugt, dass die Untersuchung ungefährlich sei. Bei denjenigen, die bereits eine Darmspiegelung hinter sich hatten, waren es immerhin 62 Prozent. Nur jeder zweite hält die Sorge vor Hygieneproblemen durch Koloskopiegeräte für unbegründet. Hingegen meinen 68 Prozent derjenigen, die schon eine Koloskopie hinter sich haben, dass Hygieneprobleme nicht bestünden.

Jeder zweite Befragte glaubt, dass man ab einem bestimmten Alter eine Darmspiegelung machen sollte. Immerhin 41 Prozent wissen, dass man ein erhöhtes Risiko hat, wenn ein Familienmitglied oder ein naher Verwandter an Darmkrebs erkrankt war. Doch fast jeder Fünfte ist immer noch der Meinung, es bringe nichts, zur Darmkrebsvorsorge zu gehen, weil die Erkrankung schicksalhaft sei. Die wenigsten wissen, dass man nach einer Darmspiegelung ohne Befund mindestens zehn Jahre keine erneute Koloskopie mehr brauche, sagte Brenner: Es sind knapp 15 Prozent, dagegen 28 Prozent derer, die schon eine Spieglung gemacht haben.

Jetzt gehe es darum gehe, die Menschen vom Verstehen zum Handeln zu bringen, resümierte Brenner. Männer generell und Menschen mit einfacher Bildung müssten noch besser erreicht werden. Dazu strebe die Stiftung ein Einladungsmodell an.

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