Was ist das Diabetiker-Herz, und wie kann man es schützen?

Herz und Gefäße werden vielfältig geschädigt. Den Gefäßschäden lässt sich entgegensteuern, indem Risikofaktoren vermindert werden.

Von Prof. Hellmut Mehnert Veröffentlicht:

Es hat sich bewährt, zwischen einer diabetischen Kardiopathie und einer Kardiomyopathie zu unterscheiden. Die Kardiopathie umfasst alle Bedrohungen des Herzens: Einmal schädigt der Bluthochdruck das Herz in typischer Weise mit einer linksventrikulären Dysfunktion, zum anderen sind die Entgleisungen des Stoffwechsels (Hyperglykämie, Dyslipoproteinämie) dazu angetan, den Herzmuskel zu schädigen.

Das gleiche gilt für die diabetische Mikroangiopathie, die natürlich das Herz nicht ausspart. Am bekanntesten ist die gehäuft auftretende koronare Herzerkrankung der Diabetiker. Und schließlich darf die gefürchtete autonome Neuropathie des diabetischen Herzens nicht vergessen werden. Vor allem die metabolischen und mikrovaskulären Veränderungen am Herz eines Diabetikers führen zu einer Kardiomyopathie im engeren Sinne, während unter Kardiopathie das Gesamtbild verstanden werden soll.

Gegen die Hypertonie lassen sich die Patienten gut behandeln. Dabei sind vor allem ACE-Hemmer oder Sartane mit einer kleinen Dosis Diuretika zu berücksichtigen. Die Grenzwerte des Blutdrucks sind je nach Schweregrad der kardiovaskulären Komplikation strenger zu fassen als bei Nichtdiabetikern (zum Beispiel unter 125/80 mmHg). Natürlich ist die gute Diabeteseinstellung für die Bekämpfung der Kardiopathie wichtig. Nachdem bei der UKPD-Studie anfänglich kein signifikanter Erfolg durch die gute Diabeteseinstellung erreicht wurde, hat sich dies bei der Langzeitbeobachtung nach 20 Jahren entscheidend geändert: Die frühzeitig gut eingestellten Typ-2-Diabetiker hatten deutlich geringere Angiopathieschäden, besonders infolge der koronaren Herzerkrankung, als diejenigen, die anfänglich schlechter eingestellt waren. Das gilt später auch dann, wenn im Laufe der Jahre Kontroll- und Prüfgruppe gleiche oder ähnliche HbA1c-Werte aufwiesen. Ein schlagender Beweis für das metabolische Gedächtnis.

Diese Entwicklung traf für die Hypertonie so nicht zu: Hier muss streng auch auf eine späte Normalisierung der Werte geachtet werden, da gemäß der UKPD-Folgestudie die anfänglich bessere Hypertonietherapie in der Prüfgruppe sich später nicht mehr so auszahlte wie bei der Stoffwechseleinstellung.

Natürlich müssen die Patienten wegen der Dyslipoproteinämie behandelt werden, wobei an die Lipidtrias der Diabetiker (niedriges HDL-Cholesterin, erhöhte Triglyzeride, erhöhte chemisch modifizierte, glykilerte, oxidierte, gefäßaggressive LDL-Partikel) erinnert werden soll. Gute Medikamente stehen hier zur Verfügung.

Für die Prävention von und Behandlung wegen Mikroangiopathie gilt ebenso wie für die Makroangiopathie das gleiche Prinzip: gute Diabeteseinstellung von Anfang an. Die Art der Antidiabetika hat eine gewisse Bedeutung, indem zum Beispiel Pioglitazon in der ProAktiv-Studie sich als protektiv im Hinblick auf eine Makroangiopathie erwiesen hat, ebenso wie es für Metformin und eine von vornherein gute Einstellung mit Insulin (UKPDS) gilt.

Die häufigste tödliche Komplikation, der Herzinfarkt, bedarf einer Betreuung durch Diabetologen und Kardiologen. Man sollte oral behandelte Diabetiker - zumindest vorübergehend - auf intensivierte Insulintherapie umstellen. Für die Nachbehandlung gibt es Therapeutika, wie Thrombozytenfunktionshemmer, kardioselektive Betablocker, ACE-Hemmer, Sartane sowie Statine.

Professor Hellmut Mehnert

Diabetologie, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten - diesen Themen widmet sich Professor Hellmut Mehnert seit über 50 Jahren. 1967 hat Mehnert die weltweit größte Diabetes-Früherfassungsaktion gemacht. Er hat auch das erste und größte Schulungszentrum für Diabetiker in Deutschland ins Leben gerufen. Mehnert ist Träger der Paracelsus-Medaille, der höchsten Auszeichnung der Deutschen Ärzteschaft.

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