Sepsis-Gesellschaft warnt vor resistenten Erregern

JENA (dpa). Nicht nur viele Antibiotika verlieren ihre Wirkung "wir beobachten dramatische Resistenzen auch bei Pilz- und Läusemitteln", warnt der Vorsitzende der Deutschen Sepsis-Gesellschaft Professor Tobias Welte. Auch der aktuelle EHEC-Erreger sei ein multiresistenter Keim.

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Vergangenen Sommer sei in einem englischen Altenheim zudem erstmals ein Darmbakterium aufgetaucht, bei dem kein einziges Antibiotikum gewirkt habe, so Welte. Etwa 80 Prozent der Erkrankten hätten nicht überlebt.

"Mit so etwas müssen wir künftig öfter rechnen", so der Direktor der Klinik für Pneumologie an der MH Hannover. Ein Großteil der resistenten Keime stamme aus Asien oder Südeuropa.

"In Griechenland beispielsweise besteht ein um zehn Prozent höheres Risiko an einen resistenten Keim zu geraten, als in Deutschland", erklärte Welte. Das hänge "ganz klar mit unverantwortlichem Umgang mit Antibiotika" zusammen.

Patienten fordern Antibiotika "aggressiv" ein

Viele Ärzte verschrieben Antibiotika aus übertriebenem Sicherheitsdenken und "weil die Patienten das ziemlich aggressiv einfordern". Zugleich seien Antibiotika eine billige Lösung: "Die Preise verfallen ins Nichts. Das ist ganz klar ein politischer Fehler", kritisierte Welte.

In Frankreich habe man schon eingegriffen und Werbespots im Fernsehen geschaltet, die darüber aufklärten, dass Viren nicht mit Antibiotika behandelt werden könnten.

Dass es immer weniger Arzneien gegen die zunehmend resistenten Keime gibt, liegt laut Welte auch an der Pharmaindustrie. Die habe Akuterkrankungen immer mehr aus dem Fokus verloren und investiere kaum noch in die Entwicklung neuer Antibiotika.

Mehr Anreize für die Antibiotika-Forschung

"Akutmedikamente bringen nun einmal kein Geld, da sie nur ein paar Tage lang verabreicht werden", erklärte Welte. Stattdessen konzentrierten sich die Firmen auf Mittel zur Linderung chronischer Krankheiten, die Patienten teils ihr Leben lang einnehmen und kaufen müssen.

"Das ist ein Mega-Problem." Die Politik müsse Anreize zur Antibiotika-Forschung geben.

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