Mit dem Nobelpreis für Medizin sind sehr oft Entdeckungen gewürdigt worden, die Ausgangspunkt für die Entwicklung innovativer Arzneimittel waren.

Von Peter Leiner

Der Nobelpreis für Physiologie oder Medizin 2008 ist ein sehr gutes Beispiel für die Würdigung von Entdeckungen, die Basis für Innovationen in der Arzneimittelforschung oder Impfstoffentwicklung sind. Nur die Hartnäckigkeit des Krebsforschers Professor Harald zur Hausen aus Heidelberg hat es möglich gemacht, dass es heute zwei Impfstoffe - Gardasil® und Cervarix® gibt, mit denen sich Infektionen mit krebsauslösenden Papillomviren verhindern lassen.

Und: Ohne die akribische und erfolgreiche Suche nach dem Aids-Erreger durch die Professoren Dr. François Barré-Sinoussi und Dr. Luc Montagnier vom Pasteur-Institut in Paris gäbe es heute nicht die breite Palette mit mehr als 20 antiretroviralen Medikamenten, die die HIV-Infektion zumindest in den Industrienationen von einer tödlichen in eine chronische Krankheit verwandelt haben. In beiden Fällen hat es Jahrzehnte von der Entdeckung bis zur Innovation und der Würdigung mit dem Nobelpreis gedauert.

Serum gegen Diphtherie an der Charité getestet

Weniger Zeit von der Entdeckung bis zur Auszeichnung verging beim ersten Medizin-Nobelpreis im Jahr 1901 an Emil von Behring, aber auch an Robert Koch 1905 für die Entdeckung des Tuberkulose-Erregers.

Emil von Behring (re.) und sein Assistent Herrmann Scholz im Labor in Berlin.

Emil von Behring (re.) und sein Assistent Herrmann Scholz im Labor in Berlin.

© Foto: epd

Ende 1890 hatte von Behring von "Untersuchungen über das Zustandekommen der Diphtherie-Immunität bei Tieren" berichtet. Auf der Grundlage der Antitoxin-Theorie entwickelt von Behring ein Heilserum gegen Diphtherie, das bereits 1892 an der Kinderklinik von Otto Heubner an der Charité in Berlin erfolgreich erprobt wurde.

Mit seiner Forschung hat von Behring belegt, dass es eine humorale Immunität gibt - die Basis für die passive Immunisierung mit Immunglobulinen.

Als Anerkennung für seine Forschung zur Immunität ist Paul Ehrlich vor 100 Jahren - gemeinsam mit Ilja Metschnikow aus Paris - mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet worden. Der Preis wurde Ehrlich für "unvergängliche Verdienste um die medizinische und biologische Forschung, namentlich um die Wertbestimmung der Serumpräparate" verliehen. Er hatte zwischen 1890 und 1895 die Seitenkettentheorie begründet, die erklären sollte, wie es zur Entstehung von Antikörpern kommt. Diese "Seitenketten" wurden später als Rezeptoren bezeichnet.

Antikörper, die die Infektionserreger bekämpfen, waren für Ehrlich wie "Zauberkugeln". Bei manchen Infektionskrankheiten reichen die natürlich gebildeten Antikörper aber für eine erfolgreiche Bekämpfung der Keime nicht aus. Daher suchte Ehrlich chemische Verbindungen, etwa Farbstoffe, um zum Beispiel Trypanosomen im Blut abzutöten. Ehrlichs weitere Forschung, für die er seine Seitenkettentheorie nutzte, hat ihn nach vielen Misserfolgen schließlich zur Entdeckung des Salvarsans geführt, des ersten Medikaments gegen den Syphilis-Erreger. Damit hat er die Chemotherapie begründet.

Therapieversuch mit Insulin bei 14-Jährigem

Ein weiterer Meilenstein in der Arzneimittelforschung, der mit dem Medizin-Nobelpreis im Jahr 1923 gewürdigt wurde, ist die Entdeckung des Insulins durch die beiden Kanadier Frederick Grant Banting und John James Richard Macleod. Sie wurden damit für ihre Forschung Anfang der 20er Jahre geehrt. Diese gipfelte in einem Therapieversuch bei einem 14-Jährigen Anfang 1922. Dessen erhöhter Blutzuckerspiegel ließ sich durch das von Banting, Macleod, James Collip und Charles Best an der Universität von Toronto hergestellte Insulin erfolgreich senken. Das Hormon hat die Diabetestherapie revolutioniert. Zunächst wurde es aus der Bauchspeicheldrüse von Schweinen isoliert und schließlich mit Hilfe gentechnischer Methoden hergestellt.

Schließlich hat die Entdeckung, die Georges Köhler aus Freiburg und César Milstein aus Argentinien gemacht haben, Diagnostik und Therapie weit vorangebracht: Sie wurden für die Aufklärung des Prinzips, wie sich monoklonale Antikörper im Labor herstellen lassen, 1984 mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet. Vor allem zur Krebstherapie gibt es heute mehrere derartige Antikörper.

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