Galenus-Preis für Arznei-Innovationen und Grundlagenforschung verliehen

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Bei der Pressekonferenz anlässlich der Galenus-Preisverleihung: (von li): Dr. Engelbert Günster, Dr. Diane Seimetz, Dr. Kristina Lorenz, Professor Erland Erdmann, Wolfgang van den Bergh, Stephan Schumacher, Dr. Thomas Thiekötter

Bei der Pressekonferenz anlässlich der Galenus-Preisverleihung: (von li): Dr. Engelbert Günster, Dr. Diane Seimetz, Dr. Kristina Lorenz, Professor Erland Erdmann, Wolfgang van den Bergh, Stephan Schumacher, Dr. Thomas Thiekötter

© Paul Ridderhof

BERLIN (ple). Der Thrombinhemmer Pradaxa® (Dabigatran) und Removab® (Catumaxomab) zur Therapie bei malignem Aszites sowie Dr. Kristina Lorenz aus Würzburg sind die Gewinner des Galenus-von-Pergamon-Preises 2010.

In diesem Jahr hatten es die 16 Mitglieder der Galenus-Jury nicht leicht, sich für jeweils einen Gewinner des von Springer Medizin Ärzte Zeitung gestifteten Preises in den Kategorien Primary Care, Specialist Care sowie Grundlagenforschung zu entscheiden. "Wir hatten die Qual der Wahl", so der Kardiologe Professor Erland Erdmann aus Köln, Vorsitzender der Galenus-Jury bei der Verleihung des Innovationspreises. So sei die Entscheidung auch nicht einstimmig wie im vergangenen Jahr gefallen, "aber - nach langem hin und her - doch mit überwältigender Mehrheit".

Removab®, der Gewinner in der Kategorie Specialist Care, von Fresenius Biotech, erfülle die Forderung, die der französische Pharmakologe und Medizinjournalist Roland Mehl an eine Arznei stellte, als er die Auszeichnung für pharmakologische Innovationen 1970 ins Leben rief, so Erdmann: Sie müsse einen neuen Wirkmechanismus haben und die Lebensqualität erhöhen. Beides treffe auch auf das Medikament zur Aszitestherapie zu. Der Wirkstoff Catumaxomab ist ein trifunktionaler Antikörper, der Effektor- und Tumorzellen in räumliche Nähe zueinander bringt und für die Entfernung der Tumorzellen sorgt.

Das Präparat ist das erste zugelassene Arzneimittel zur Behandlung von Patienten mit malignem Aszites. Damit gelingt eine spezifische Verlängerung der punktionsfreien Zeit im Vergleich zu Patienten, die nur eine Parazentese erhalten (im Median 77 versus 11 Tage). Dr. Diane Seimetz, Executive Vice President von Fresenius Biotech: "Durch die Therapie mit dem Antikörper wird die Ursache der Flüssigkeitsansammlung beseitigt."

Wie Seimetz auf einer Pressekonferenz aus Anlass der Preisverleihung in Berlin sagte, sei in der Weiterentwicklung von Catumaxomab unter anderem geplant, zusätzlich zur intraperitonealen eine systemische, intravenöse Applikation zu prüfen. Studien dazu sollen bereits im kommenden Jahr beginnen.

In der Galenus-Jury fand sich auch eine große Mehrheit für Pradaxa® von Boehringer Ingelheim als Galenus-Gewinner in der Kategorie Primary Care. Der neuartige direkte Thrombinhemmer wird oral verabreicht und zeigt eine vorhersagbare Wirkung auf die Blutgerinnung. Mit dem Medikament lassen sich bei Patienten mit Vorhofflimmern Schlaganfälle verhindern. In einer Studie mit mehr als 18 000 Patienten lag die Rate an Schlaganfällen und systemischen Embolien im Vergleich zur Therapie mit Marcumar um 34 Prozent niedriger. Der Wirkstoff Dabigatranetexilat, der zur Prophylaxe von venösen Thromboembolien bei Erwachsenen nach elektivem Hüft- oder Kniegelenkersatz zugelassen ist, hat vor wenigen Tagen in den USA die Zulassung zur Prophylaxe von Schlaganfällen bei Vorhofflimmern erhalten.

Dr. Engelbert Günster, Landesleiter Deutschland bei Boehringer Ingelheim, betonte, dass Dabigatran in Deutschland gefunden, erforscht und entwickelt worden sei. Der Schwerpunkt der Pharmaforschung beim Unternehmen liege in Deutschland. Das solle Signal auch für andere Unternehmen sein, in Deutschland zu bleiben und hier zu forschen.

Vorteil von Dabigatran sei, dass Einschränkungen wie bei der Therapie mit Marcumar entfielen, etwa die regelmäßige Blutspiegelkontrolle, so Günster: "Entscheidend ist, dass durch die Möglichkeit der oralen Therapie mit Dabigatran Patienten nach einer Op sicher nach Hause entlassen werden können."

Die Zulassung des Präparates in Europa zur Schlaganfallprophylaxe bei Vorhofflimmern sei beantragt und werde in wenigen Monaten erwartet. Etwa ein Prozent der Bevölkerung in Deutschland hat Vorhofflimmern, das das Schlaganfallrisiko um den Faktor fünf erhöht.

Die Galenus-Preisträgerin Dr. Kristina Lorenz vom Institut für Pharmakologie und Toxikologie an der Uni Würzburg wurde für ihre Forschung zur Entstehung der krankhaften Herzhypertrophie ausgezeichnet. Die Apothekerin erhält den Preis in Form einer Medaille, einer Urkunde und 10 000 Euro für die Aufklärung eines komplexen molekularen Mechanismus, in dessen Folge es zur krankhaften Herzvergrößerung kommt. Alle Forschungsaspekte - von der Idee über die Aufklärung der Wirkmechanismen bis zu neuen Therapiestrategien - stammen von der Wissenschaftlerin. Die Wirksamkeit erster synthetischer spezifischer Hemmstoffe sei bereits erfolgreich in vitro getestet worden. Diese Entdeckungen seien auch interessant für die Onkologie, weil die Hemmstoffe auch antiproliferativ wirken und damit therapeutisch gegen Krebs genutzt werden könnten.

In Anbetracht der hohen Qualität der in diesem Jahr eingereichten Forschungsarbeiten bei der Bewerbung um den Galenus-Grundlagenforschungspreis werde ihm um die Forschung in Deutschland nicht bange, betonte Jury-Präsident Erdmann.

Den Charity-Award erhält in diesem Jahr die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS). Die 1991 ins Leben gerufene DKMS ist mit knapp 2,2 Millionen registrierten potenziellen Spendern die größte Stammzellspenderdatei der Welt. In den vergangenen 19 Jahren konnte man mehr als 21 000 Transplantationen von Stammzellen vermitteln.

Zur Bildergalerie mit Bildern von der Preisverleihung

Für Fachkreise - weiterführende Informationen über die Gewinner: Mit Dabigatran gegen Thromboembolien Mit Removab® zielgerichtet gegen Aszites Interview mit Kristina Lorenz: Entstehung der Herzhypertrophie aufgeklärt

Infos zum Gewinner des Charity-Awards: "Wir verbinden Menschen, um Leben zu retten"

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