Land-MVZ sind die Kooperations-Könige

Medizinische Versorgungszentren haben mehrere Vorteile für Ärzte und Patienten. Doch es gibt Unterschiede zwischen den MVZ in Metropolen und in ländlichen Regionen. Im Vergleich ragen die Land-MVZ aber oft heraus - beispielsweise durch kürzere Wartezeiten.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Gesundheitszentrum: Land-MVZ machen Vernetzung vor.

Gesundheitszentrum: Land-MVZ machen Vernetzung vor.

© Steinach / imago

BERLIN. Medizinische Versorgungszentren (MVZ) sind eine geeignete Organisationsform, durch stärkere Kooperation mit Kliniken, Pflegediensten, Reha-Einrichtungen und anderen nichtmedizinischen Heilberufen die Patientenversorgung effizienter zu gestalten.

Damit könnten auch Schnittstellenprobleme zwischen den Sektoren besser gelöst werden. Darauf deuten Ergebnisse des KBV-MVZ-Survey 2011 hin.

Grundlage ist eine Umfrage unter den Ende 2010 existierenden 1654 MVZ, von denen ein Viertel mit einer überdurchschnittlichen Anzahl von Ärzten geantwortet hat.

Die KBV hat dabei differenziert zwischen MVZ in Kernstädten (Ballungszentren, Metropolen), in Ober- und Mittelzentren sowie in ländlichen Regionen.

Die Medizinischen Versorgungszentren auf dem Land sind unter allen MVZ-Typen diejenigen, die den höchsten Grad an Kooperation realisieren. Rund 90 Prozent der MVZ in ländlichen Regionen kooperieren systematisch mit anderen niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern.

Knapp 43 Prozent praktizieren dies mit Pflegeeinrichtungen (Großstadt: 31,5 Prozent), mit Physiotherapeuten 44,4 Prozent (29,7 Prozent), Sanitätshäusern 40,7 Prozent (20 Prozent).

Primäres Ziel: Mehr fachliche Kooperation

Generell steht bei allen MVZ-Neugründungen die Motivation nach stärkerer fachlicher Kooperation mit 80 Prozent im Vordergrund.

Im Vergleich zu vorangegangenen Erhebungen der KBV ist vor allem die Kooperation mit Apotheken, Physiotherapeuten, Pflegeeinrichtungen und sozialen Diensten ausgebaut worden.

MVZ in ländlichen Regionen stehen vor besonderen Herausforderungen, reagieren darauf aber mit organisatorischen Veränderungen wie etwa der Bildung von Zweigpraxen und sind insofern - was die Versorgungseffekte angeht - auch erfolgreich. Die Herausforderungen:

55 Prozent der Land-MVZ berichten von einer besonderen Beanspruchung durch eine hohe Zahl älterer Patienten. In Kernstadt- und Oberzentren-MVZ sind dies nur rund 35 Prozent. Fazit: Land-MVZ sehen sich durch besonders starke (Multi-)Morbidität herausgefordert.

Damit einher geht eine überdurchschnittliche Hausbesuchstätigkeit: Knapp 30 Prozent der Land-MVZ werden dadurch in besonderem Maße in Anspruch genommen; bei den Großstadt-MVZ sind dies nur etwa zehn Prozent.

Handlungsoption und Ergebnisse:

Land-MVZ reagieren darauf überdurchschnittlich mit der Einrichtung von Zweigpraxen: 40 Prozent dieser MVZ betreiben an mindestens einem weiteren Ort ihres Einzugsgebiets eine Filialpraxis, um den Patienten näher zu sein. In Ballungszentren verfügen nur 32,7 Prozent der MVZ über mindestens eine Zweigpraxis.

Nach Einschätzung der Leiter von Land-MVZ gelingt es, aufgrund der Kooperation der Ärzte innerhalb des MVZ, aber auch aufgrund erhöhter Präsenz in Zweigpraxen in besonderem Maße, die Wartezeiten für Patienten zu verkürzen. Über diesen Effekt berichtet fast jeder zweite Chef eines Land-MVZ; nur 32 Prozent der Chefs von Großstadt-MVZ wollen dies von sich behaupten.

Auch das Land-MVZ hat Nachwuchs-Sorgen

Andererseits sind MVZ nicht automatisch diejenige Organisationsform der ambulanten Versorgung, die den Ärztemangel per se aufhebt.

Gut 35 Prozent der Chefs von Land-MVZ sagen, sie hätten aktuell erhebliche Schwierigkeiten, Ärzte zu finden; in den Ballungszentren-MVZ sind es nur 13,9 Prozent.

Gleichwohl scheinen MVZ geeignet zu sein, am ehesten ein familienfreundliches Umfeld zu schaffen: 35 Prozent der Land-MVZ sagen, dies treffe stark zu, weitere 43 Prozent meinen, es treffe eher zu.

Allerdings ist es in den Land-MVZ im Unterschied zu Ballungszentren schwieriger, ärztlichen Bewerbern regelmäßiges ein freies Wochenende zu versprechen.

Auch mit dem Angebot, Hilfestellung bei der Kinderbetreuung zu organisieren, tun sich Land-MVZ überdurchschnittlich schwer.

Neben den medizinischen Erwägungen zur Gründung von MVZ spielen auch betriebswirtschaftliche Aspekte eine bedeutende Rolle:

Entlastung von Verwaltungsaufgaben: Fast jedes zweite Land-MVZ hält dies für spürbar, jedoch nur knapp 30 Prozent der MVZ in Ballungszentren.

Verbesserung der wirtschaftlichen Situation durch gemeinsame Nutzen von Ressourcen: Mit über 72 Prozent ist dies in Land-MVZ besonders ausgeprägt, etwas weniger stark in Großstadt-MVZ.

Verringerung des Investitionsrisikos: Auch hier findet sich dieses Motiv zu 52,3 Prozent besonders ausgeprägt bei den Land-MVZ.

Einsatz von IT: Die elektronische und für jeden MVZ-Arzt verfügbare Patientendokumentation oder die elektronische Patientenakte sind wichtige Instrumente zur Rationalisierung der Versorgung.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Gut, aber zu langsam

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