Wenn sich der Radiologe in den Conte di Radio verwandelt

Von Helmut Schneider Veröffentlicht:

"Radiologische Praxis Dr. Ross. Unsere Praxis ist ab 14 Uhr geschlossen. Wir haben einen Zweitjob als Offenbacher Prinzenpaar und sind nachmittags in Seniorenheimen unterwegs. Morgen erreichen Sie uns zur gewohnten Zeit" - Dr. Jutta Ross, die Stimme auf dem Anrufbeantworter, bittet um Verständnis.

Das haben ihre Patienten, es ist Fastnacht. Sie wissen, die Ärztin und ihr Ehemann Dr. Lothar Ross, repräsentieren für diese Saison alle Narren der Lederstadt, also auch sie, als Prinz Lothar I. und Prinzessin Jutta I. von Lederanien. Die Untertitel der Tollitäten lesen sich wie Vitae: Großherzogin Waldeck zu Ross, Principessa di Medico und Flottenadmiral vom Entensee, Conte di Radio e Magnetico.

So steht es auf den Autogrammkarten, die im Empfangsbereich der Praxis ausliegen. "Aus Jux", sagt Lothar I., Kundiger in Sachen Strahlen und Magnetresonanz. Daß diese Karten regelmäßig verschwinden, wertet das Ehepaar als gutes Zeichen der Akzeptanz ihrer Patienten für das vorübergehende Amt.

Das erste akademische Prinzenpaar in Offenbach

Die Mediziner sind das erste akademische Prinzenpaar in der Offenbacher Fastnacht. "Ärzte sind normalerweise nicht aktiv in Karnevalsvereinen", so der Radiologe. Höchstens als Büttenredner, "wo sie sich kurz einbringen, dann aber schnell wieder zurückziehen können".

Verständlich, denn als sie der Rolle als Prinzenpaar zugestimmt haben, wußten die beiden noch nicht, was für ein Durcheinander in der Praxis auf sie zukommen würde. Insgesamt mehr als 90 Termine, unter anderen in Altersheimen, Kindergärten, Behindertenstätten und Krankenhäusern, mußten ohne Praxispause eingeplant und mit dem Untersuchungsalltag abgestimmt werden. Ross: "Ein Quartal nur Jokus machen, das geht bei Ärzten eben nicht."

Nur heute, am Rosenmontag, und morgen "da läuft natürlich nichts mehr außer Fastnacht. Aschermittwoch schlafen wir aus", freuen sich Jutta und Lothar Ross. Nicht selten sind sie in den vergangenen Wochen nach stundenlangem Schunkeln auf harten Bänken und Dauerlächeln in die Kameras mit drei, vier Stunden Schlaf ausgekommen.

Das Duo - in der Praxis schon lange darin geübt, Hand in Hand zu arbeiten - ergänzt sich auch als Prinzenpaar. Mit Abordnungen des Elferrats (Minister oder Adjutanten für "Nichts und Wieder Nichts" oder "Licht und Schatten") treten sie auf. Oftmals hat das aktuellen gesundheitspolitischen Bezug. "Wir ziehen herum, übernehmen die Herrschaft und schauen, ob auch kräftig gefeiert, getanzt und gelacht wird."

Lachen ist bei den Doktoren nicht budgetiert, also umsonst

Darin sieht Prinz Lothar I. seine wichtigste närrische Aufgabe. Lachen als gute Medizin habe, erzählt er dem Publikum, Vorteile: Es ist bei den Doktoren nicht budgetiert, eine Zuzahlung dafür nicht vorgesehen und folglich umsonst. Prinzessin Jutta I. ergänzt: "Was ich sage, das wird gemacht. Und ich befehle euch, heute wird gelacht!"

Die Rolle als Prinzenpaar hat für die Ärzte auch eine soziale Funktion. Etwa gemeinsam mit einem Zauberer krebskranken Kindern in den Städtischen Kliniken Offenbach zu helfen, die Sorgen und Nöte für eine Weile zu vergessen. Oder Behinderte, erinnert sich Jutta Ross, "glücklich zu machen, indem wir miteinander eine Stunde ausgelassen getanzt haben".

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