Afghanistans Frauen noch immer völlig rechtlos

KÖLN (iss). Mit 15 Jahren eröffnete Saliha Slajuqi im afghanischen Herat eine Apotheke nur für Frauen und machte aus ihr unter dem Taliban-Regime einen der wenigen Orte, an dem sich Frauen treffen konnten. Jetzt studiert die junge Frau Medizin. Es ist ihr Traum, Ärztin zu werden.

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"Täglich kamen 100 bis 150 Frauen in ihre Apotheke; sie bot den Frauen, die ihr Haus sonst kaum verlassen konnten, eine Art soziales Forum", berichtet die Sozialarbeiterin Gurcharan Virdee. Sie war im Auftrag der Frauenhilfsorganisation medica mondiale gemeinsam mit ihrer Kollegin Marjorie Stroud in Herat und Mazar-i-Sharif. Die beiden Expertinnen für das Thema "Gewalt gegen Frauen" haben in Afghanistan untersucht, unter welchen Voraussetzungen in dem vom Krieg verwüsteten Land Schutzangebote für Frauen aufgebaut werden können.

Lebensgeschichten wie die von Saliha Slajuqi sind selten in einem Land, in dem die Rechte der Frauen nach wie vor mit Füßen getreten werden und sie von weiten Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgeschlossen bleiben. "Außerhalb der Familien gibt es in Afghanistan für Frauen keinen Platz", sagt die Gynäkologin Dr. Monika Hauser, die Gründerin von medica mondiale.

Die Organisation hat sich zum Ziel gesetzt, ein Netzwerk von Hilfsangeboten und Schutzhäuser für Frauen und Mädchen zu errichten. Dort sollen sie medizinische und psychologische Hilfe, juristische Beratung und Bildungsmöglichkeiten erhalten. Finanziert wird das Projekt vom Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, dem UNHCR. Die meisten afghanischen Frauen seien immer noch selbst von der elementarsten medizinischen Grundversorgung ausgeschlossen, betont Hauser.

Virdee und Stroud haben in Herat ein erstes Seminar für Afghaninnen organisiert, um sie für die Arbeit mit Frauen zu qualifizieren, die Opfer von Gewalt wurden. Nach und nach soll auf diese Weise ein Netzwerk aufgebaut werden. Die Aus- und Fortbildungsangebote stoßen bei den Frauen auf großes Interesse - waren sie doch jahrelang von jeglichen Bildungsmöglichkeiten ausgeschlossen. Gleichzeitig stellt das neue Engagement aber auch ein Risiko für sie dar. "Die Frauen müssen mit allem vorsichtig sein, was sie sagen und tun", betont Marjorie Stroud.

Angesichts der dramatischen Situation der fast rechtlosen Frauen sei es unverständlich, daß dieses Thema auf der Afghanistan-Konferenz der Geberländer in Berlin ausgespart blieb, kritisiert Hauser. Gerade vor den Wahlen im Herbst wäre eine Weichenstellung dringend notwendig, sagt sie. "Die Demokratie in Afghanistan hat keine Chance, wenn die Sicherheit der Frauen ausgeklammert bleibt."

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