Iraks Ärzte müssen Waffen tragen, um arbeiten zu können

NEU-ISENBURG (Smi). Mord, Entführung, Einschüchterung: Die Situation für die Ärzte im Irak wird immer unerträglicher. Die Folge: Viele Kollegen geben ihren Beruf auf oder wandern ins Ausland ab.

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"In meinem Land werden seit zwei Jahren Verbrechen gegen Mediziner verübt, aber niemand weiß davon", klagte der irakische Arzt Dr. Salam Ismael kürzlich auf der Alternativen Weltgesundheitsversammlung in Ecuador ("British Medical Journal" 331, 2005, 252).

Ärzte würden schickaniert und verhaftet, manchmal sogar während einer Operation. "Uns wird gesagt, daß wir Rebellen behandeln. Wir sagen ihnen, daß wir der Genfer Konvention gemäß alle verletzten und verwundeten Patienten behandeln, auch US-Soldaten und Angehörige irakischer Sicherheitstruppen, aber das ändert wenig."

Einem Bericht des irakischen Gesundheitsministeriums zufolge sind seit Januar dieses Jahres 160 irakische Ärzte entführt oder ermordet worden (die "Ärzte Zeitung" berichtete). Aus Angst vor der alltäglichen Gewalt hat allein in Bagdad bereits jeder zehnte Arzt seinen Beruf aufgegeben. Viele verlassen das Land, um anderswo ihrem Beruf nachzugehen.

Dr. Muthanna al-Assal ist einer von ihnen. "Wenn ich anderswo einen Job bekomme, werde ich gehen", sagte der 35jährige Herzchirurg aus Bagdad einem Bericht des britischen Senders BBC zufolge. "Hier geht alles den Bach runter - sowohl was die Sicherheit anbelangt als auch hinsichtlich der Basisversorgung."

Der Exodus der Mediziner hat dramatische Folgen. Schon während der Saddam-Ära sind vier Millionen Iraker ins Exil geflohen, viele davon Ärzte und Intellektuelle. Daß jetzt wieder gerade die Gebildeten das Land verlassen, wird die Entwicklung des Landes nachhaltig beeinträchtigen. Die Situation in den Krankenhäusern ist schon jetzt katastrophal. Es fehlt nicht nur an Personal, auch die Ausstattung ist miserabel. Viele Mitarbeiter ließen sich schmieren, so Ismael. "Das Krebsgeschwür Korruption zerstört mein Land."

In den Krankenhäusern tragen Ärzte Waffen, um die vorhandenen Medikamente sowie die Ausstattung notfalls mit Gewalt gegen Räuber zu verteidigen. Das größte Krankenhaus Bagdads erhält nur 15 Prozent des täglichen Wasserbedarfs für seine Patienten. Und von den 900 wichtigsten Medikamenten sind nur die Hälfte verfügbar, berichtete Salam Ismael.

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