Ärzte für Nothilfe im Ausland gesucht

HANNOVER (cben). Der Deutsche Entwicklungsdienst (ded) sucht derzeit oft vergeblich nach Ärzten für einen längerfristigen Einsatz in Afrika oder Lateinamerika. Die Ärztekammer Niedersachsen unterstützt deshalb Ärzte, die bereit sind, in Entwicklungsländern medizinische Hilfe zu leisten. Ihr Argument: Ein Einsatz in Krisendiensten oder in der Entwicklungshilfe bietet Ärzten durchaus berufliche Perspektiven.

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Mit der "Gesprächsrunde Humanitäre Hilfe der Ärztekammer Niedersachsen" will die Kammer den Erfahrungsaustausch von Ärzten, die im Ausland Nothilfe geleistet haben, fördern und zugleich neue Kollegen anwerben und für die Arbeit interessieren. "Wir zählen in Niedersachsen 104 Ärzte, die ständig bei Unterstützungsprojekten in Krisengebieten aktiv sind", berichtet Kammer-Vertreter Raimund Dehmlow. Drei bis vier Mal so viele Ärzte aus Niedersachsen dürften es sein, die gelegentlich in Krisengebiete reisen, um etwa zu operieren oder die Menschen über Aids aufzuklären.

Herzchirurgen helfen Menschen in Eritrea

So hat sich im Frühjahr etwa der Verein "Hearthelp" in Hannover neu gegründet, um in Eritrea Herz-OPs vorzunehmen, in einem Land, wo es bisher keine herzchirurgische Versorgung von Erwachsenen gibt. Die Mitglieder des Vereins rekrutieren sich aus dem Personal der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Derzeit sind fünf Herzchirurgen der MHH mit einer kompletten Herzchirurgischen Einheit unterwegs nach Eritrea, um ab 10. Mai im Orota Referral Hospital in der Hauptstadt Asmara zu operieren.

Auch die Organisation Humedica mit Sitz in Kaufbeuren organisiert kurzzeitige Hilfseinsätze von zwei bis vier Wochen. Offenbar mit Erfolg. "Wir haben derzeit zu wenige Einsätze und viele hilfsbereite Ärzte", sagt Annett Michael von Humedica.

"Die Ärzte, die diesen Dienst tun, treten oft wenig in die Öffentlichkeit," weiß Dehmlow, "nicht zuletzt deshalb wollen wir auch ihnen eine Plattform bieten, um ihre Erfahrungen einzubringen." Zugleich will die Ärztekammer neue Kollegen für die Nothilfe im Ausland werben. "Wir stellen fest, dass sich einerseits immer mehr junge Ärztinnen interessieren und andererseits immer mehr ältere Ärzte", so Dehmlow, "allerdings lehnen Hilfsorganisationen bereits pensionierte Ärzte trotz hoher Qualifikation und großer Erfahrung immer öfter ab." Eben erst ist aber eine junge Ärztin aus Göttingen für ein Jahr nach Guatemala gereist, um dort zu arbeiten. "Das ist auch ein aktuelles Berufsfeld", meint Dehmlow.

Für langfristige Einsätze sind nur wenige Ärzte bereit

Während Ärzte relativ oft für kürzere Hilfseinsätze in Krisengebiete reisen, suchen viele Hilfsorganisationen Mediziner und finden keine, berichtet Winfried Zacher von Deutschen Entwicklungsdienst (ded) der "Ärzte Zeitung". Mindestens zwei und höchsten fünf Jahre kann ein Arzt, eine Ärztin für den ded arbeiten. Mindestens drei Jahre Berufserfahrung sind nötig.

"Anfang der 90er Jahre hatten wir an die 90 Ärzte im Einsatz," so Zacher, heute sind es 15. Wir haben ein Jahr lang einen Gynäkologen für Ruanda gesucht oder einen Chirurgen für Tansania und habe keinen gefunden." Allerdings war das Entwicklungsziel "Gesundheit" den Geberländern auch weniger wichtig, so Zacher, "durch die hohe Beachtung der Aids-Epidemie durch den letzten G-8-Gipfel bahnt sich eine Trendwende an, auch wenn sich das bisher nicht in zusätzlichen Stellen niedergeschlagen hat." Deshalb: Derzeit suche der DED zwar nicht, aber das könne sich schnell ändern.

Erfahrungen im Ausland machen "geländegängig"

Finanziell ist der Anreiz, ins Ausland zu gehen, für Ärzte gering. Beim Deutschen Entwicklungsdienst gibt es den Einheitslohn für alle Entwicklungshelfer: 1200 Euro. "Plus Zulagen kommt man vielleicht auf 2000 Euro. Man muss aber auch die extrem niedrigen Ausgaben im Gastland einrechnen", sagt Manfred Zacher. Bei Humedica müssen die Kollegen meistens noch Geld mitbringen. Zwei Wochen Kosovo kosten 700 Euro. Katastropheneinsätze dagegen seien kostenlos. Die vielen Ärzte-Initiativen wie etwa "HeartHelp" arbeiten ausschließlich auf Spendenbasis und ehrenamtlichen Engagements der Kolleginnen und Kollegen.

Die Erfahrung indessen sei unschätzbar, meint Zacher. "Früher hielt man Ärzte, die aus Entwicklungsländern zurück kamen für verbuscht, aber das trifft immer weniger zu." Auch in Afrika gebe es inzwischen das Internet und deshalb manche guten Fortbildungsmöglichkeiten. "Ärzte, die wirklich mal draußen waren, die sind auch geländegängig. Nur schmalspurig denkende Chefs empfinden das als Nachteil."

Weitere Infos im Internet unter den Adressen www.hearthelp.de www.ded.de www.humedicca.de www.aekn.de

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