Pfarrer im Dschungel

Schwielen an den Füßen - für einen Missionar in einer Dschungelregion kann das sehr hilfreich sein. Auch sonst zählen hier eher weltliche Aufgaben: etwa das Schnellboot reparieren oder die Vogelspinne aus dem Wohnzimmer befördern.

Von Christiane Oelrich Veröffentlicht:
Tochter am Steuer: Pfarrer Markus Paulsteiner (li.) im Schnellboot vor der Küste Papua-Neuguineas.  

Tochter am Steuer: Pfarrer Markus Paulsteiner (li.) im Schnellboot vor der Küste Papua-Neuguineas.  

© Oelrich/dpa

BILIAU Markus Paulsteiner ist nicht durch Zufall barfuß unterwegs. Spitze Ufersteine, knorriger Waldboden, heiße Schotterstraße - macht nichts. Er geht wie die Einheimischen. "Es ist wichtig, die Leute auf ihrem Weg ein Stück zu begleiten", sagt er.

Paulsteiner ist unterwegs mit den Menschen aus Mindere, einem Dorf in Papua-Neuguinea. Hier wird gerade die Raffinerie eines Nickelbergwerks gebaut und die Bewohner fürchten um ihre Umwelt.

Der 36-Jährige aus Frickenhausen bei Memmingen im Unterallgäu ist Missionar. Nicht, dass hier Schäfchen zu bekehren wären. 98 Prozent der Menschen sind Christen. Paulsteiner ist Pfarrer.

"Wir unterstützen die Gemeinden."

"Viel anders als zu Hause ist die Arbeit hier auch nicht", sagt er. "Wir unterstützen die Gemeinden." Was aber an Paulsteiners Einsatzort in Biliau schon mal einen Dreitagesmarsch durch den Urwald bedeuten kann, um die Gemeinde überhaupt zu erreichen.

Biliau selbst ist nicht gerade der Nabel der Welt. Markus Paulsteiner muss mit seiner Frau Christiane (36), Nele (8), Noemi (4) und Enok (1) von der Kleinstadt Madang aus im eigenen Schnellboot die Küste entlang, 80 Kilometer. Zwei bis drei Stunden dauert das.

An Bord ist alles, was die Familie für Wochen braucht: Zucker, Mehl, Hefe, Nudeln, Öl, Seife und Nutella, wenn es das zufällig in Madang gibt. Vergessen ist schlecht: In Biliau gibt es Sandstrand, Palmen und Bambushütten, aber keinen Laden.

In der Region gibt es 80 Gemeinden. Paulsteiner hat alle besucht, zu Fuß. "Wir wollen den Menschen eine Perspektive geben, die über Geld, Ruhm und Klamotten hinausgeht - wie in Deutschland", sagt er. Dialog und Versöhnung, auch das ist hier wie dort ein großes Thema.

Die Gesellschaft ist im Umbruch. Es gibt viele Bodenschätze, Investoren drängen ins Land, plötzlich sind Wald und Boden eine Menge Dollars wert. Die einen verkaufen und haben plötzlich Geld, die anderen wollen den alten Lebensstil bewahren.

Alte Bräuche aufweichen

Wenn Paulsteiner sich in Deutschland als Missionar vorstellt, sieht er oft hochgezogene Augenbrauen. "Die Tendenz in Deutschland ist: Die Missionare sind seit 125 Jahren hier, jetzt muss es doch auch mal reichen", sagt er.

In einer Gesellschaft mit Jahrhunderte alten Stammestraditionen brauche es halt lange, um alte Bräuche aufzuweichen. Wie den Hexenglauben, der noch weit verbreitet ist. Oder die Cargokults: die Hoffnung auf Heilsbringer, die eines Tages im Flieger kommen und den Wohlstand ausschütten. "Wir Missionare kommen nur, weil die hiesige Kirche uns anfordert", betont Paulsteiner.

Christiane und Markus Paulsteiner haben sich bei der Konfirmation kennengelernt. "Irgendwann mal ins Ausland gehen, am liebsten Afrika, davon haben wir immer geträumt", sagt Christiane Paulsteiner.

 Während sie eine Ausbildung zur Krankenschwester machte, studierte er Theologie und wurde Schreiner. Ein Besuch bei Markus‘ Bruder, der hier mal Pfarrer war, besiegelte den Entschluss zum missionarischen Einsatz für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern.

Auch eine Vogelspinne im Wohnzimmer hat Christiane Paulsteiner die Dschungelerfahrung nicht vergällt. Sie unterrichtet Nele nach dem Programm der deutschen Fernschule. Die Kinder haben Freunde, sie sprechen Tok Pisin. Entbehrungen? "Ich will wieder arbeiten", sagt Christiane. "Ich war auf der Intensivstation, mir fehlt Stress." Markus fallen bei Entbehrungen zwei Dinge ein: Käse und Bundesliga. (dpa)

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