Patienten leben in seinen Krimis weiter

Krimis mit Lokalkolorit sind bei Lesern beliebt. Auch der langjährige Medizinprofessor Hermann Lindemann schreibt seit seiner Emeritierung Mord-Geschichten rund um seine Heimatstadt und seine ehemaligen Patienten.

Von Gesa Coordes Veröffentlicht:
Der Gießener Krimiautor Professor Hermann Lindemann alias Jan Tilden hat bereits drei Krimis verfasst.

Der Gießener Krimiautor Professor Hermann Lindemann alias Jan Tilden hat bereits drei Krimis verfasst.

© Rolf K. Wegst

MARBURG/GIEßEN. Seine früheren Patienten sind seine Helden. Seine Lieblingsstadt ist der Schauplatz der Verbrechen.

Und eine zentrale Rolle beim Lösen der kniffligen Fälle spielt Jochen Haller - wie er ein Professor. Hermann Lindemann alias Jan Tilden ist der Autor von inzwischen drei Marburg-Krimis.

Mehr als 20 Jahre lang hat er als Uniprofessor an der Gießener Kinderklinik gearbeitet und galt als einer der führenden Köpfe in der Mukoviszidose-Forschung. Seit seiner Emeritierung schreibt er Krimis, die in der Nachbarstadt Marburg spielen.

Sport, Medizin und Mukoviszidose-Patienten sind dabei immer Thema. "Der Tod des Schiedsrichters" lautet der Titel des aktuellen Romans.

"Jeder Mensch hat ja kriminelle Energien, die er gar nicht ausleben darf", sagt der 71-jährige frühere Fußballspieler, der den Squash-Hessentitel bei den über 65-Jährigen gewonnen hat. Blutrünstige Psychothriller darf man bei ihm aber nicht erwarten.

Lindemann schreibt vergleichsweise wenig grausame Marburg-Krimis.

Dass die Verbrecherjagden in Marburg stattfinden, obgleich er seit Jahrzehnten in Gießen lebt, erklärt er mit der Atmosphäre und der Schönheit der Stadt. "Die Gießener sagen, dass ich in Marburg schreibe, weil die Halunken alle in Marburg sitzen", erzählt Lindemann.

Aber der in Kassel geborene und in Sontra aufgewachsene Autor hat einst Sport und Medizin in Marburg studiert. Gewohnt hat er damals im Carl-Duisburg-Haus, das auch immer wieder in seinen Krimis vorkommt.

Marburger Millionendieb zu Krimi verarbeitet

Beim Sportstudium hat er auch seine Ehefrau Renate-Pe kennen gelernt, die er in der Universitätskirche heiratete.

"Zum Entspannen oder fürs Kino sind wir auch später immer nach Marburg gefahren", erzählt er. Bis heute verfolgt das Paar die Marburger Kommunalpolitik aufmerksam.

Sogar der im vergangenen Jahr verurteilte Marburger Millionendieb taucht in seinem aktuellen Roman auf. Das Mordopfer Bernd Wölbers arbeitet nämlich im Rechnungsprüfungsamt, wo die gefälschten Beihilfeanträge auffallen.

Viele weitere für Marburg typische Menschen und Orte hat er im Krimi verarbeitet: Ein Blinder gibt einen entscheidenden Tipp. Im ungewöhnlichen Fahrstuhl der Buchhandlung Elwert entkommt eine junge Frau ihrem Verfolger.

Ein Oberarzt verlässt die Uni-Klinik, weil die Arbeitsbedingungen unter dem privaten Betreiber "unerträglich" geworden sind. "Wenn mir etwas in den Kram passt, verwende ich das", erklärt Lindemann.

Jeder Roman ist einem verstorbenen Patienten gewidmet. Schließlich hat Hermann Lindemann als langjähriger Leiter des Gießener Mukoviszidose-Zentrums viele Familien intensiv betreut. Bis heute ist er Vorsitzender des Fördervereins.

Die häufigste erbliche Stoffwechselerkrankung ist unheilbar. Die Betroffenen werden aber inzwischen oft über 40 Jahre alt. Der Autor zeigt in seinen Krimis indes eher, wie normal Muko-Patienten mit dieser Krankheit leben können.

Echte Patientenfälle wurden Lesestoff

Die Kranken waren auch der Grund, warum Hermann Lindemann seine Krimis unter dem Pseudonym Jan Tilden veröffentlicht hat: "Ich habe echte Fälle verwendet, wollte aber die Patienten schützen."

Doch Verwandte und Eltern der Patienten hätten sehr positiv reagiert: "Sie haben sich eher gefreut", erzählt Lindemann alias Tilden. Deshalb hat er das Geheimnis um die Identität von Jan Tilden inzwischen gelüftet und tritt gelegentlich bei Lesungen auf.

Auch der Leserkreis wächst. Die Gesamtauflage ist auf 6000 Exemplare gestiegen. Mit dem Lokalkolorit liegt er im Trend, berichtet der Organisator des Gießener Krimifestivals, Uwe Lischper: "Regionale Krimis nehmen zu."

Lindemanns nächster Krimi ist bereits in Arbeit: Darin wird ein Mitglied einer Transplantationskommission ermordet.

Jan Tilden: Tod eines Schiedsrichters. Dustri-Verlag. ISBN 978-3-87185-414-9

Schlagworte:
Mehr zum Thema

Vor dem World Health Assembly

WHO-Pandemieabkommen noch lange nicht konsensfähig

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

„ÄrzteTag“-Podcast

Was steckt hinter dem Alice-im-Wunderland-Syndrom, Dr. Jürgens?

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom

Lesetipps
Die Empfehlungen zur Erstlinientherapie eines Pankreaskarzinoms wurden um den Wirkstoff NALIRIFOX erweitert.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken