Flugzeugabsturz

Diskussion um Schweigepflicht geht weiter

Hätte eine Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht die Germanwings-Katastrophe verhindern können? Darüber ist unter Politikern und Ärzten eine Diskussion entbrannt. Jetzt melden sich auch Piloten zu Wort.

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BERLIN. In der Diskussion um eine Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht nach dem mutmaßlich durch den Co-Piloten absichtlich herbeigeführten Absturz einer Germanwings-Maschine hat sich nun die Vereinigung Cockpit (VC) zu Wort gemeldet.

Sie ist klar gegen eine Lockerung der Schweigepflicht im Fall von Piloten: "Das kann nur jemand sagen, der von der Materie gar keine Ahnung hat", sagte der Präsident der Piloten-Gewerkschaft, Ilja Schulz, der "Rheinischen Post".

"Wenn mein Arzt von der Schweigepflicht entbunden ist, werde ich ihm gegenüber kein Problem ansprechen, weil immer die Angst vorm Fluglizenzentzug mitschwingt", so Schulz. "Besteht die Schweigepflicht, kann der Arzt dagegen echte Hilfe anbieten."

Der Arbeitsrechtsexperte des Arbeitgeberverbandes BDA, Thomas Prinz, forderte im "Tagesspiegel" dagegen sehr wohl eine Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht in bestimmten Fällen.

"Wenn Arbeitnehmer, die in sicherheitsrelevanten Bereichen arbeiten, psychische Probleme haben, sollte eine unabhängige staatliche Stelle davon erfahren", argumentierte er. Dies könne etwa das Gesundheitsamt sein. Das gleiche gelte für Seuchen.

Unter Ärztevertretern stößt eine Lockerung indes auf breite Ablehnung. Solche Maßnahmen würden künftige Unfälle nicht vermeiden helfen, erklärt der Berufsverband Deutscher Internisten (BDI).

Eher würden betroffene Patienten Arztbesuche meiden, um die Weitergabe von Informationen zu vermeiden.

"Man kann behandelnden Ärzten auch aus haftungsrechtlichen Gründen nicht empfehlen, sich als Informanten von Arbeitgebern und Behörden zur Verfügung zu stellen", heißt es. Ein Ausweg in Zweifelsfällen kann es für Ärzte sein, sich an die Kammer zu wenden.

Zuvor war bekannt geworden, dass Co-Pilot Andreas L. vor mehreren Jahren als suizidgefährdet eingestuft worden und in psychotherapeutischer Behandlung war.

Bei seinen Arztbesuchen in letzter Zeit sei ihm jedoch weder Selbst- noch Fremdgefährdung attestiert worden.

Versicherungskonsortium stellt 300 Millionen Euro bereit

Für die Kosten rund um den Germanwings-Absturz hat ein Versicherungskonsortium nach Angaben der Lufthansa unterdessen 300 Millionen US-Dollar (278 Millionen Euro) zurückgestellt.

Es gehe unter anderem um finanzielle Entschädigungen für die Hinterbliebenen der 150 Opfer, die Kosten für den zerstörten Airbus A320 und für Betreuungskräfte, erklärte ein Sprecher der Fluggesellschaft am Dienstag in Frankfurt.

Er bestätigte damit einen Bericht des "Handelsblattes". Das Geld werde von einem Versicherungskonsortium bereitgestellt, in dem die Münchner Allianz eine führende Rolle spiele.

Die Allianz wollte sich am Dienstag zunächst nicht äußern.

Am Dienstag vergangener Woche war ein Airbus der Lufthansa-Tochter Germanwings auf dem Flug von Barcelona nach Düsseldorf in Südfrankreich abgestürzt.

Die Ermittler gehen nach bisherigen Erkenntnissen davon aus, dass der 27 Jahre alte Co-Pilot das Flugzeug absichtlich in Sinkflug versetzte und gegen eine Felswand steuerte. (dpa)

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