Was ist schön?

Selbst eineiige Zwillinge sind uneins

Ob ein Gesicht schön ist, darüber lässt sich trefflich streiten. Kein Wunder, sagen Forscher. Denn die persönlichen Vorlieben sind - selbst bei eineiigen Zwillingen - auch zu einem großen Teil von der ureigenen Erfahrung geprägt.

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Eineiige Zwillinge, identische Wahrnehmung von Schönheit? Pustekuchen!

Eineiige Zwillinge, identische Wahrnehmung von Schönheit? Pustekuchen!

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BOSTON. Viele Menschen lieben symmetrische Gesichter. Doch darüber hinaus liegt Schönheit einer neuen US-Studie zufolge zu großen Teilen im Auge des Betrachters - und nicht etwa in seinen Genen.

Die Forscher um Laura Germine vom Massachusetts General Hospital in Boston (USA) ließen insgesamt mehr als 760 eineiige und zweieiige Zwillingspaare die Attraktivität von 200 weiblichen und männlichen Gesichtern auf einer Skala von 1 bis 7 bewerten.

Die Zwillingspaare untereinander waren vom gleichen Geschlecht, insgesamt aber waren Frauen und Männer dabei. Das Ergebnis: Unter eineiigen Zwillingen waren die Übereinstimmungen bei den Bewertungen trotz ihres identischen Genpools nicht größer als in der anderen Gruppe, sondern genauso groß. Persönliche Erfahrungen und Umwelt prägen demnach maßgeblich das individuelle Schönheitsempfinden, folgern die Forscher.

Individuelle Präferenzen

"Wir schätzen, dass die individuellen ästhetischen Präferenzen bei Gesichtern etwa zur Hälfte mit denen anderer übereinstimmen und zur anderen Hälfte abweichen", schreiben Germine und Kollegen in der jüngsten Ausgabe von "Current Biology".

"Das passt zu der allgemeinen Wahrnehmung, dass einerseits Models mit ihrem guten Aussehen erfolgreich sind, aber andererseits Freunde endlos darüber diskutieren können, wer attraktiv ist oder nicht."

Das sei umso bemerkenswerter, weil die Fähigkeit, ein Gesicht unter anderen wiederzuerkennen, vor allem genetisch bedingt sei, betonen die Forscher, die zur Gesichtswiedererkennung bereits 2010 eine Studie veröffentlicht hatten. Vor allem die ureigenen Erfahrungen seien es, die unser persönliches Schönheitsideal prägten.

"Ausschlaggebend sind nicht die Arten von Umwelt, wie wir sie etwa mit Familienmitgliedern teilen. Sie sind viel subtiler, individueller und umfassen einzigartige, höchstpersönliche Erfahrungen, etwa mit Freunden, in sozialen oder populären Medien", sagt Germine.

Das Gesicht der ersten Liebe

Mit anderen Worten: Nicht Schulwahl, Nachbarschaft oder finanzieller Background der Eltern sind wichtig, sondern vielmehr einzigartige Begegnungen, Filmbilder, die hängen bleiben, oder vielleicht das Gesicht der ersten Liebe.

Seit den 90er Jahren haben diverse Studien gezeigt, dass Menschen symmetrische Gesichter im Allgemeinen attraktiver finden als asymmetrische, die mit prägnanten Einzelmerkmalen ausgestattet sind.

Teilweise wurden sogar computergenerierte Gesichter vorgezogen: Auf der Basis von Original-Porträtfotos entstehen nach aufwendiger Vorarbeit mit Hilfe eines Computerprogramms neue Gesichter, in denen unterschiedlich viele Originalgesichter enthalten sein können.

Sie werden mit Hilfe des PC-Programms miteinander gemorpht, das heißt gekreuzt, dienen als Grundlage für weitere Untersuchungen und werden von Probanden bewertet. Sie zeigen somit eine künstliche "Durchschnittlichkeit".

Der mathematische Durchschnitt

Der Psychologe und Attraktivitätsforscher Dr. Martin Gründl hat die so genannte "Durchschnittshypothese" überprüft. Ein Gesicht mit Proportionen, die dem mathematischen Durchschnitt entsprechen, erscheint vielen Menschen als attraktiv, weil es die größte Ähnlichkeit zu anderen bekannten Gesichtern aufweist. "Durchschnittlichkeit kann in der Tat attraktivitätserhöhend sein", sagt Gründl.

Frauen können ihre Attraktivität steigern, wenn sie kindliche Merkmale aufweisen: rundliche Augen, eine große gewölbte Stirn, kurze Ausprägungen von Nase und Kinn, relativ weit unten liegende Gesichtsmerkmale (Augen, Nase, Mund).

Das Supermodel Kate Moss und die junge Brigitte Bardot etwa gehör(t)en zu den perfekten Vertreterinnen dieser Kategorie. (dpa/fuh)

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