Portugal

Im Klosterhospital pflegten die Mönche

In der portugiesischen Stadt Mafra gibt ein Klosterhospital aus dem 18. Jahrhundert einen Einblick in vergangene Zeiten der Versorgung von Kranken. Die angeschlossene Apotheke war erstaunlich fortschrittlich.

Von Jana Kötter Veröffentlicht:
Das alte Klosterhospital im Palast von Mafra, Portugal: Die Kranken lagen auf Liegen hinter Vorhängen.

Das alte Klosterhospital im Palast von Mafra, Portugal: Die Kranken lagen auf Liegen hinter Vorhängen.

© Jana Kötter

MAFRA. Harte Holzliegen, spartanisch eingerichtete Krankenzellen, im Winter klirrende Kälte: Patienten des Hospitals im Klosterpalast von Mafra mögen eine gute Behandlung genossen haben, aber keinesfalls Komfort.

Ein Besuch im Palast, der wichtigsten Attraktion des mittelportugiesischen Städtchens, zeugt davon. Krankenzelle an Krankenzelle ist hier entlang eines langen, hallenden Ganges zu besichtigen, gleich neben der angeschlossenen Klinikapotheke.

Trotz des Mangels an Komfort: Die Patienten waren hochgradig dankbar, stammten sie doch aus allen Bevölkerungsschichten - eine absolute Seltenheit in den Versorgungsstrukturen des 18. Jahrhunderts.

Doch im Klosterhospital wurde sich auch um die Armen gekümmert. Ihre Dankbarkeit konnten sie am Sonntagmorgen kundtun: Dann wurden alle Betten aus den Zellen hinaus in die Mitte des Ganges geschoben, und die Kranken konnten den Altar am Ende der prachtvoll verzierten Halle sehen und der Messe beiwohnen.

Harte Holzliegen mit Einsparungen

Harte Holzliegen unter aufwändig gestalteten Deckenmalereien: Das direkte Nebeneinander von kostbar ausgestatteten Wohnräumen der Königsfamilie und spartanisch eingerichteten Klosterzellen ist nicht nur im Hospital des Klosters auffällig.

Es ist charakteristisch für den gesamten Klosterpalast. Dieser wurde 1717 von João V. und seiner Frau Maria Anna von Österreich gegründet. In den prunkvollen, insgesamt fast 900 Sälen der ausgedehnten Anlage haben sie jedoch nur wenige Tage verbracht.

Von wesentlich größerer Bedeutung war das Kloster, zunächst von Franziskanern, später zeitweilig von Augustinern bewirtschaftet. Das Krankenhaus machte einen bedeutenden Teil des Klosterbereichs aus.

"Hier wurden schwerkranke Patienten behandelt, die Pflege übernahmen speziell dafür ausgebildete Mönche", erklärt Fremdenführerin Cristina Russo. "Täglich kam ein Arzt, um die Kranken zu sehen."

Heute sind es die Touristen, die den langen Gang entlangschreiten. "Sehen Sie sich die harten Holzliegen genau an", fordert Russo ihre Besucher, eine spanische Klasse, auf.

"Bei genauem Betrachten sehen Sie, dass die Liegen alle eine Aussparung in der Mitte haben - dies sollte der Entlastung des Rückgrates der Kranken dienen." Die Schüler staunen.

Neben dem Klosterhospital mit seinem Dutzend Krankenzellen hält auch die alte Apotheke, die sich direkt an den Krankenhausflügel anschließt, einige Überraschungen parat: Ausgestellt sind Utensilien, die im 18. und 19. Jahrhundert zur Arzneimittelproduktion verwendet wurden: Spritzen, Tablettenformen, Mörser.

Ein Nachbau eines Schreibtisches zeigt den Arbeitsplatz des Klosterapothekers im 18. Jahrhundert: Mit Mörser und Stößel verwandelte er in seinem kleinen Labor Wurzeln und Kräuter aus dem Klostergarten in Arzneien.

Vorläufer der Rezeptformulare

Sogar in Tablettenform wurden einige von ihnen gebracht. "Jeder Apotheker hatte einen Assistenten", erklärt Russo. "Er hat Kürbiskerne, Anis, Minze oder auch Melonenkerne abgewogen und zerstoßen, bevor sie mit Essig, Wachs, Zucker oder Honig vermengt in die Tablettenformen gedrückt wurden."

Auf Vorläufern von heutigen Rezeptformularen wurde vermerkt, was der einzelne Patient braucht. Interessant: Diese wurden vom Arzt an das Fußende des Krankenbetts - unter das Bild der Jungfrau Maria - gepinnt, damit auch der Bettlägerige kontrollieren konnte, ob die Pfleger die korrekte Therapie ausführten.

Sollten sie sich einmal nicht sicher sein, was zu tun ist, so fanden die frühen Mediziner und Pfleger Hilfe in der angeschlossenen königlich-klösterlichen Bibliothek - laut Russo einer der größten Touristenmagnete der insgesamt fast 40.000 Quadratmeter umfassenden Palastanlage. 88 Meter ist die Bücherei lang, sie beherbergt rund 36.000 Werke.

Darunter finden sich eine dreisprachige Bibel von 1514, die älteste Homerausgabe in griechischer Sprache - und zahlreiche Werke aus den Gebieten Medizin und Pharmazie.

"Nicht selten", sagt Russo mit einem Schmunzeln, "haben sich die klösterlichen Ärzte hier getroffen und gemeinsam nachgeschlagen."

Der Klosterpalast steht in Mafra, rund 40 Kilometer entfernt von Lissabon. Er ist mittwochs bis montags jeweils von 9 bis 18 Uhr geöffnet, der Eintritt kostet sechs Euro. Weitere Infos: www.palaciomafra.pt

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