Laut sein!

Obamas Schwester kämpft für Frauenrechte

In der Gesundheitsbranche arbeiten besonders viele Frauen, nur nicht in den Führungsebenen. Dr. Auma Obama kämpft für Gleichberechtigung und Selbstständigkeit. Denn: "Frauen müssen auch etwas für Frauen tun".

Ruth NeyVon Ruth Ney Veröffentlicht:
Gleichberechtigung will Dr. Auma Obama erreichen.

Gleichberechtigung will Dr. Auma Obama erreichen.

© Sauti Kuu

Frauen tragen einen großen Anteil am Erfolg der Gesundheits- und Pharmabranche. Auch die Zahlen unter den Studierenden von Pharmazie und Medizin zeigen einen überproportional hohen Frauenanteil. Und doch: Debatten über Karrierehemmnisse und "gläserne Decken" sind nach wie vor aktuell.

Aus Anlass eines Gala-Treffens von Vertreterinnen der Gesundheitsindustrie und der Buchvorstellung "21 Erfolgsfrauen - 21 Karriere-Formeln" sprach Dr. Auma Obama darüber, warum Frauen eine stärkere Stimme brauchen und wie sie diese durch ihre Foundation Sauti Kuu gerade jungen Mädchen mitgeben möchte.

Ärzte Zeitung: Sie sind weltweit sehr viel unterwegs, um sich für die Förderung junger Menschen in Kenia und Deutschland und ihre Organisation Sauti Kuu einzusetzen. Sie wurden vielfach bereits für ihr humanitäres Engagement geehrt. Halten Sie sich selbst für eine starke Frau?

Auma Obama: Ach, ich weiß nicht. Natürlich arbeite ich sehr viel und sehr intensiv. Auf der anderen Seite müsste ich vielleicht doch "Ja, ich habe eine starke Stimme" sagen. Denn das ist das, wofür ich plädiere und was ich den jungen Leuten vorleben möchte, mit denen ich zusammenarbeite.

Gerade bei jungen Frauen plädiere ich dafür, dass Sie ihre Stimme benutzen und sich zu Wort melden und sich nicht scheuen, eine Meinung zu haben, Stellung zu beziehen und mitzubestimmen, was mit ihrem Leben geschieht. Daher hoffe ich auch, dass meine Stimme stark genug ist, dass sie in diesem wichtigen Anliegen gehört wird.

Was macht für Sie Stärke aus?

Obama: Stärke muss man zunächst ein bisschen differenzieren. Es geht nicht um Stärke, die man sich im Fitnessstudio antrainieren kann. Es gibt zudem Stärke, die Negatives bewirkt, etwa wenn sie zum Machtmissbrauch genutzt wird

 Für mich ist aber die Art Stärke wichtig, die einen dazu bringt, im positiven Sinn auf andere zu wirken. Und die dazu führt, dass man nicht aufgibt – egal, womit man konfrontiert wird – und versucht, ein sinnvolles Leben zu leben, um sich nicht im Alter irgendwann zu fragen: Was habe ich eigentlich gemacht?".

Stärke bedeutet in diesem Zusammenhang, dass man überzeugt ist, etwas in seinem Leben ändern und Gutes tun zu können – ohne dass man deshalb einfach nur idealistisch oder gar blauäugig oder naiv ist. Sie muss also von innen heraus kommen.

Ist diese innere Stärke eine Eigenschaft, die auch unbedingt nötig ist, um beruflich erfolgreich zu sein?

Obama: Auf jeden Fall. Es geht um die Person und ihre Überzeugung – und dabei kann man privat oder beruflich nicht trennen.

Wenn es immer wieder um die Debatte der "gläsernen Decken" und Karrierehemmnisse für Frauen geht, müssen diese vielleicht anders als Männer gefördert werden, um ihre Stärken zeigen zu können?

Obama: Ich glaube nicht, dass Frauen anders gefördert werden müssen. Jeder braucht seine ganz individuelle Unterstützung. Wenn es um Frauen geht, ist es aber wichtig, dass man sie nicht hindert oder einschränkt, etwas zu tun, weil sie eben Frauen sind.

Oder weil man sie in ein Verhaltensmuster steckt. Denn ich glaube, wir Frauen haben viel häufiger das Problem, dass wir uns in irgendwelche Rollen schieben lassen, als dass wir etwas nicht können.

Das heißt: Wir müssen doppelt kämpfen – einmal, um als individuelle Person, also ich als Auma Obama, wahrgenommen zu werden, und einmal, um dann nicht in eine – oft tradierte – Rolle von außen gezwängt zu werden etwa als Mutter, als Hausfrau, als was auch immer.

Frau sein ist etwas ganz Normales – man muss uns daher auch nicht retten, sondern einfach so wahrnehmen, wie wir als Individuum sind – mit unseren Fähigkeiten und Stärken. Dann wäre das alles gar kein Thema.

Gerade in der Gesundheitsbranche arbeiten sehr viele Frauen. Sie sind in den unterschiedlichsten Berufssparten vertreten, aber erst langsam rücken sie auch in die zweite und erste Führungsebene auf. Helfen bei diesem Prozess möglicherweise Quotenregeln und Mentoring?

Obama: Ich glaube, hier sind wir Frauen gefragt: Frauen müssen etwas für Frauen tun. Mentoring ist daher sehr wichtig. So können Möglichkeiten von Frau zu Frau geschaffen werden. Wir müssen es vorleben, Wege bereiten, damit es Normalität ist, wenn andere Frauen folgen.

Frauen, die jetzt bereits erfolgreich sind, müssen also entsprechende Spuren hinterlassen und eine förderliche Atmosphäre aufbauen. Das können wir bestimmen und dürfen nicht darauf warten, dass Männer etwas ändern.

Ich will auch nicht, dass mir jemand etwas schenkt oder mir einen Gefallen tut. Es soll selbstverständliches Recht für Frauen sein, die gleichen Aufgaben und Jobs wie Männer zu machen. Das ist Gleichberechtigung.

Trotzdem heißt es immer wieder, dass Frauen anders führen als Männer. Wie sind ihre Erfahrungen – auch im internationalen Vergleich?

Obama: Das sind die typischen, klischeehaften Unterschiede, die immer wieder zur Sprache kommen. So heißt es ja auch immer, dass Männer viel, viel aggressiver führen. Aber tatsächlich ist es oft nur so, dass wenn Männer und Frauen zusammen sind, sich die Frauen eher zurückhalten und zurücktreten, um den Männern den Platz zu überlassen.

 Das ist doch oft schon in der Schule so, dass die Mädchen die Jungs laut reden und sich melden lassen, obwohl sie auch die richtige Antwort wissen.

Genau dagegen müssen wir arbeiten: Wir müssen unsere Stimme erheben, wenn wir gehört werden wollen. Und das ist in fast allen Ländern so, mit kleinen Unterschieden.

Wie unterstützen Sie selbst speziell junge Frauen im Rahmen ihrer Organisation Sauti Kuu, um das zu erreichen?

Obama: Generell kümmern wir uns um benachteiligte Mädchen und Jungen aus sozial oder finanziell schwachen Familien. Knapp zusammengefasst ist das Ziel, diesen jungen Menschen – und dabei besonders den Mädchen - zu helfen, ihr Potenzial zu erkennen und auch zu nutzen, damit sie selbst ihr Leben verbessern.

Denn die meisten halten sich für Opfer, die gar nichts selbst ändern können. Wir geben ihnen die Möglichkeit zu erleben, dass sie etwas bewirken können. Dazu gehört auch, Landbesitz wieder schätzen zu lernen und nicht nur den Blick auf Bürojobs als White Collar Worker in der Stadt zu richten.

Denn sie können Produkte nicht nur für die eigene Versorgung erzeugen, sondern darüber hinaus auch für den Verkauf. Alle haben dabei die gleichen Chancen und Möglichkeiten etwas zu machen – egal ob Junge oder Mädchen. Jeder kann individuell wählen.

Mädchen brauchen allerdings häufig zunächst etwas mehr Ermutigung, um zu erkennen: Das Leben ist wie ein Buffet - man muss nur zugreifen und es gibt keinen Grund, nur den abgelegten Teller zu nehmen.

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