Aktuelle Ausstellung

Der steinige Weg zum Nobelpreisträger

Eine Ausstellung der Universität Göttingen beleuchtet die nicht immer transparente Welt des Nobelpreises.

Von Heidi Niemann Veröffentlicht:
Nobelpreis: Der Weg zum Forscherruhm ist oft alles andere als geradlinig.

Nobelpreis: Der Weg zum Forscherruhm ist oft alles andere als geradlinig.

© Berit Roald / dpa

Göttingen. Wie wird man Nobelpreisträger? Welche Wege und Irrwege müssen Wissenschaftler gehen, um erfolgreich forschen zu können? Welche Widerstände müssen sie überwinden? Welche Rolle spielen Zufall, Glück, Förderung? Und welche Auswirkungen hat der "Oscar" der Wissenschaftspreise auf das Leben des Preisträgers?

Diese Fragen behandelt eine Ausstellung, die zum zweiten Jahrestag der Nobelpreis-Verleihung an den Göttinger Physiker Stefan Hell in der Alten Mensa der Universität Göttingen eröffnet wurde.

Im Dezember 2014 hatte der Direktor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie und Professor für Experimentalphysik an der Uni Göttingen für seine bahnbrechenden Forschungen auf dem Gebiet der Lichtmikroskopie den Nobelpreis für Chemie erhalten.

Die Grenzen der Wissenschaft

Die Ausstellung "on/off. Vom Nobelpreis und den Grenzen der Wissenschaft" erklärt nicht nur die Grundlagen, Ergebnisse und Folgen der von ihm entwickelten STED-Mikroskopie, sondern beleuchtet auch den Werdegang des Forschers und die gesellschaftliche Rolle der Wissenschaft.

Zu Beginn des Rundgangs taucht der Besucher in das glamouröse Schauspiel und die Rituale der Nobelpreis-Verleihung ein: Zu sehen sind Frack und Lackschuhe, die Hell bei der Zeremonie getragen hat. An den umliegenden Wänden sind Großaufnahmen von den damaligen Feierlichkeiten in Stockholm zu sehen: die Übergabe der Urkunde und der Medaille durch den schwedischen König, die vorher eingeübten Verbeugungen des Preisträgers, das Bankett an der Seite von Prinzessin Madeleine.

Die nächsten Stationen machen deutlich, dass der Weg zum Forscherruhm alles andere als geradlinig war. "Erfolg ist im Leben nicht planbar, schon gar nicht der Erfolg in der Wissenschaft und schon gar nicht der Nobelpreis", sagte Hell anlässlich der Ausstellungseröffnung. Es sei keineswegs vorgezeichnet gewesen, dass sich einmal jemand für seinen Studentenausweis und die Notizhefte interessieren würde, in denen er akribisch den Lehrstoff aufarbeitete.

Ein echter Außenseiter

Der aus dem rumänischen Siebenbürgen stammende Physiker war 1978 mit seiner Familie in die Bundesrepublik gekommen. Nach seinem Studium und der Promotion an der Universität Heidelberg hangelte er sich jahrelang von Stipendium zu Stipendium, ohne zu wissen, wie es danach weitergehen würde.

Stefan Hell war ein Außenseiter, der nicht in die Strukturen des deutschen Wissenschaftsbetriebs passte. Erst in Finnland erhielt er die Chance, seine Idee umzusetzen, die viele für abwegig hielten. Hell wollte die Auflösungsgrenze in der Lichtmikroskopie aushebeln, die seit 140 Jahren als unüberwindlich galt. Die Ausstellung zeigt das Buch, bei dessen Lektüre ihm der entscheidende Geistesblitz kam, und den ersten Zeitschriftenartikel, in dem er seine Entdeckung darlegte.

Zuvor hatten alle großen Fachzeitschriften eine Veröffentlichung abgelehnt. Der Artikel stieß zunächst auf keine große Resonanz, bis der Göttinger Wissenschaftler Thomas Jovin auf den Forscher aufmerksam wurde. Er erkannte, welches Potenzial in der Neuentwicklung lag. Stefan Hell bekam die Chance, die Technologie am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen weiterzuentwickeln, das mehrere Nobelpreisträger hervorgebracht hat.

Die Ausstellung beleuchtet auch die teilweise skurrilen Effekte der Auszeichnung. Nach der Verkündung des Nobelpreises setzte ein Glückwünsch-Marathon ein. Viele Briefe sind immer noch ungeöffnet, Autogrammwünsche nicht beantwortet. Stefan Hell kann sich bis heute vor Anfragen nicht retten und längst nicht allen Einladungen folgen.

Da sogar Königshäuser und Staatschefs an dem Nobelpreisträger interessiert sind, braucht der Physiker inzwischen auch diplomatisches Geschick: "Da wollen Absagen wohl formuliert sein."

Die Ausstellung ist bis zum 28. Mai dienstags bis sonntags von 12 bis 19 Uhr in der Alten Mensa, Wilhelmsplatz 3, in Göttingen zu sehen. Der Eintritt ist frei.

Mehr Infos: www.uni-goettingen.de/on-off.

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