Glühende Hitze

Oma Magda misst Temperaturrekorde – in ihrem Garten

Heiße Sommertage sind momentan keine Seltenheit in Deutschland. Der heißeste Ort ist dabei oft der Garten von Magdalena Michelsen: Sie misst das Wetter für den Deutschen Wetterdienst – mit Leidenschaft und Harke.

Von Christiane Gläser Veröffentlicht:
Hitze pur: DIe Sonne brennt mit über 30 Grad Celsius in diesen Tagen. Eine Rentnerin misst dabei in Kitzingen oft Rekordwerte.

Hitze pur: DIe Sonne brennt mit über 30 Grad Celsius in diesen Tagen. Eine Rentnerin misst dabei in Kitzingen oft Rekordwerte.

© MarianVejcik / Getty Images / iStock

KITZINGEN. Es ist zehn Uhr morgens. Keine Wolke am Himmel. Die Sonne brennt heiß. Magdalena Michelsen schaltet ihren Wettercomputer ein, klickt sich durchs Menü und findet die aktuellen Daten. "Schon 25,4 Grad Celsius", sagt die 84-Jährige. "Das wird heute wieder ein Hitzetag."

Oma Magdalena kennt sich aus. Denn in ihrem Garten im unterfränkischen Kitzingen steht die Messstation des Deutschen Wetterdienstes (DWD), die immer wieder Rekordtemperaturen meldet. Am 5. Juli und am 7. August 2015 schaffte sie es in fast alle Medien.

An beiden Tagen wurden 40,3 Grad Celsius in Michelsens Garten gemessen. Laut DWD ist das die höchste jemals in Deutschland gemessene Temperatur seit Beginn der flächendeckenden Wetteraufzeichnungen 1881.

"Logo, da bin ich schon stolz drauf. Wir haben uns ja auch die Arbeit gemacht", sagt die Rentnerin zufrieden. Seit 19 Jahren steht die Messstation gleich neben dem Haus auf einer großen Wiese. Bis 2005 musste die Familie täglich mehrfach selbst messen und die Daten zum DWD schicken.

Leidenschaft und Verpflichtung

Die Wetterstation war die große Leidenschaft ihres Mannes – und auch seine Verpflichtung. "Wenn wir irgendwo eingeladen waren, sind wir gegangen, wenn es am schönsten war. Dann haben wir gemessen und sind wieder zurückgefahren", erinnert sich Michelsen. Selbst der Urlaub musste hintenanstehen.

Mittlerweile misst die Station alles selbst und übermittelt die Daten automatisch an den DWD. Nur die Schnee- und Regenmengen muss Michelsen selbst messen und melden. "Bis morgens acht Uhr."

Und natürlich hält sie die kleine Anlage mit den drei Sensoren für Niederschlag, Temperatur und Wind auch in Ordnung. "Rasen mähen, Unkraut wegmachen, Sensoren putzen, sauber halten. Das muss schon alles seine Ordnung haben", sagt die sechsfache Großmutter.

Kitzinger Besonderheit

Aus Oma Magdalena ist längst die "Wetterfee" Kitzingens geworden. "Sogar meine Ärztin begrüßt mich oft so", erzählt die 84-Jährige mit einem Lächeln. Warum aber ausgerechnet aus ihrem Garten immer wieder Höchsttemperaturen gemeldet werden, weiß sie nicht.

Klimaexperten dagegen schon: Zum einen liegt Kitzingen rund 200 Meter über dem Meeresspiegel tief in einem Kessel, in dem sich schnell die Hitze sammelt. Zum anderen wird kühler Wind aus dem Westen durch eine Bebauung im Westen der Stadt gestoppt.

Eine weitere Erklärung ist, dass es zwar in anderen Regionen im Südwesten Deutschlands durchaus heißere Temperaturen gibt. Ausgerechnet dort entsprechen aber die Messstationen nicht den Anforderungen an offizielle Messtemperaturen. Die Station von Oma Magdalena tut das dagegen.

Oft kümmern sich Rentner um Wetterstationen

Michelsen betreut eine von rund 500 automatischen DWD-Messstationen in Deutschland. Einige von ihnen stehen auf privatem Grund und werden auch von Privatpersonen betreut. "Meistens machen das Rentner", sagt DWD-Meteorologe Christian Ehmann.

Sie bekommen vorher eine genaue Einweisung und danach regelmäßig Schulungen. "Sie machen das ehrenamtlich. Aber es gibt eine kleine Pauschale als Aufwandsentschädigung." Ehrenamtliche Beobachter werden außerdem permanent gesucht; allein für Bayern listet der DWD dafür aktuell mehr als 50 verschiedene Orte auf.

Im Hitzesommer 2015 ist Magdalena Michelsens kleiner Garten berühmt geworden. "Am Anfang war mir gar nicht bewusst, dass es schon so heiß war. Dann habe ich es im Radio gehört und habe mal nachgeschaut", erinnert sie sich.

Schon kurz danach stand das Telefon nicht mehr still. Am nächsten Tag gaben sich die Journalisten die Klinke in die Hand. "Von früh bis spät abends habe ich ihnen die Wetterstation gezeigt und Interviews gegeben."

Für Donnerstag hat der Deutsche Wetterdienst die höchsten Temperaturen der Woche angekündigt. Michelsen freut sich schon darauf. Sie würde gern noch ein paar Hitzerekorde knacken. "Ich denke schon, dass wir dieses Jahr noch mehrmals die heißeste Station sind."(dpa)

500 Stationen zur automatischen Messung

betreibt der Deutsche Wetterdienst in Deutschland.

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