Comedy mal anders

Lachen gegen Depression – Warum eigentlich nicht?

Der Frankfurter Comedian Henni Nachtsheim ist mit dabei, wenn am 10. September, dem Welttag der Suizidprävention, nach neuen Wegen gesucht wird, um für den Kampf gegen Depressionen zu sensibiliseren..

Von Pete Smith Veröffentlicht:
Macht mit beim Welttag der Suizidprävention: Comedian und Musiker Henni Nachtsheim.

Macht mit beim Welttag der Suizidprävention: Comedian und Musiker Henni Nachtsheim.

© picture alliance / dpa

FRANKFURT. "Das wird ein lustiger Abend", verspricht Henni Nachtsheim. Wer den Frankfurter Comedian kennt, wird daran nicht ernsthaft zweifeln. Auch wenn es am 10. September im Offenbacher Capitol um ein durchaus ernstes Thema geht. Gemeinsam mit seinem Komiker-Kollegen Robert Treufel, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Bodo Bach, fordert Nachtsheim sein Publikum zum "Lachen gegen Depression" auf. Die Einnahmen ihrer Benefizveranstaltung am Welttag der Suizidprävention sollen dem Frankfurter Bündnis gegen Depression zugutekommen.

In Deutschland nahmen sich 2015 insgesamt 10.078 Menschen das Leben. Durch Suizid sterben weit mehr Menschen als durch Drogen, Verkehrsunfälle, Mord und Totschlag zusammen. 90 Prozent der Suizidopfer waren psychisch krank, die meisten litten an einer Depression. Studien zufolge haben 70 Prozent der Menschen mit schwerer Depression Suizidgedanken, 25 Prozent unternehmen Suizidversuche, 15 Prozent sterben durch eigene Hand.

In dem Medien unterrepräsentiert

Ungeachtet seiner großen gesellschaftlichen Bedeutung sei das Thema Depression in den Medien noch immer weit unterrepräsentiert, ist Professor Andreas Reif, Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, überzeugt. Das will der Vorsitzende des 2015 gegründeten Bündnisses gegen Depression Frankfurt am Main e. V. ändern helfen. Mit dem Comedian, Musiker, Schauspieler und Schriftsteller Henni Nachtsheim, seinem Publikum vor allem als die blonde Hälfte des Komiker-Duos Badesalz (mit Gerd Knebel) bekannt, hat Reif einen prominenten Mitstreiter an seiner Seite. Nachtsheim, Schirmherr des Frankfurter Bündnisses, will die Depression vor allem "aus ihrer Schamecke" herausholen. "Wenn unsere Veranstaltung dabei hilft, mit dem Thema etwas lockerer umzugehen, haben wir unseren Hauptauftrag erfüllt."

"Draußen scheint die Sonne"

Seitdem eine gute Freundin von ihm an einer Depression erkrankte, lasse ihn das Thema nicht mehr los, so Nachtsheim, der von 1978 bis 1990 als Sänger und Saxophonist der Rockband Rodgau Monotones weit über die Grenzen Hessens hinaus bekannt wurde. "Sie kam mehrere Tage nicht zur Arbeit, da habe ich sie daheim besucht. Sie lag im Bett, und ich wollte sie mit so dummen Sachen wie ‚Draußen scheint die Sonne" aufmuntern. Sie antwortete mir: ‚Du weißt gar nicht, wie's mir geht.‘ Und das stimmte", erzählt der 1957 in Wuppertal geborene Künstler. "Sie ist dann später noch an Krebs erkrankt und gestorben. Das hat mich extrem für das Thema sensibilisiert."

Die meisten Bundesbürger dagegen wissen allzu wenig über Depression. Hartnäckig halten sich Gerüchte, die die Behandlung Betroffener erschweren, hat Psychiater Reif erfahren. "Umfragen zufolge glauben 69 Prozent der Allgemeinbevölkerung, dass Antidepressiva die Persönlichkeit verändern, und 80 Prozent, dass sie abhängig machen." Viele verwechselten Antidepressiva mit Beruhigungsmitteln und Antipsychotika. "Wenn die Bevölkerung gefragt wird, wo man im Gesundheitswesen am besten Geld einsparen sollte, dann werden Alkoholismus, Depression und Schizophrenie an erster Stelle genannt."

Das allgemeine Unwissen über die Volkskrankheit Depression habe enorme Auswirkungen auf Betroffene, so Reif. "Nur 40 Prozent der Depressiven sind in hausärztlicher Behandlung." Von diesen erhalte nur jeder Fünfte die Diagnose Depression und noch weniger eine adäquate Therapie. "Und das obwohl 60 bis 80 Prozent der Depressiven gut behandelt werden könnten."

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