Ein Sittich im Koma und Gezerre um den Pudel im Scheidungsprozeß

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Tiere sind vor allem lästig: Sie bellen und krähen, sie stechen und kratzen, oder sie sehen eklig aus und verscheuchen deshalb Urlauber aus dem Hotelzimmer. Der - zweifellos einseitige - Eindruck vom Tier als Störfaktor drängt sich zumindest auf, wenn man sich die vielen Gerichtsprozesse anschaut, in denen um Tiere gestritten wurde.

Doch nicht nur ge-nervte Nachbarn oder gebissene Passanten ziehen vor Gericht. Auch Herrchen oder Frauchen kämpfen um ihr Recht, alles für die geliebte Kreatur tun zu dürfen: Ein Wellensittichbesitzer wehrte sich, wenn auch erfolglos, vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf gegen ein Bußgeld wegen zu schnellen Fahrens - er hatte den ins Koma gefallenen Vogel möglichst schnell zum Tierarzt bringen wollen.

Und ein Ehepaar aus Bad Mergentheim wollte sich zwar voneinander, nicht aber vom geliebten Pudel trennen. Folgerichtig beantragte das Herrchen ein "Umgangsrecht", doch das Amtsgericht (AG) zog erst mal einen Tierpsychologen zu Rate. Weil der die Psyche des Pudels nicht in Gefahr sah, darf der Mann nun - gerichtlich verbrieft - zweimal monatlich mit dem Hund Gassi gehen.

Nachzulesen sind die Fälle bei Norbert Dörner: In seinem Buch "Tierisches im Recht" (Nomos Verlag, Baden-Baden) hat er eine Kuriositätensammlung tierischer Streitfälle zusammengetragen. Dabei ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) nicht so arg viel zum Thema Tier zu finden.

Paragraph 90a stellt immerhin klar, daß Tiere keine "Sachen" mehr sind - noch bis 1990 hatte das BGB im Tier ein Ding gesehen. Besondere Aufmerksamkeit widmet das Gesetzeswerk allein der Biene in immerhin vier Paragraphen, vom "Herrenloswerden eines Bienenschwarms" bis zum "Einzug in eine fremde besetzte Bienenwohnung".

Viele Urteile handeln vom Tier als Lärmquelle. Das AG Düsseldorf befaßte sich mit einem Spitz, der bei der kleinsten Bewegung auf der Straße zu bellen begann, den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof beschäftigte die an einen Kojoten erinnernde hohe Stimme einer leicht erregbaren Hündin. Meist legen die Gerichte in diesen Fällen "Bellzeiten" fest, etwa zwischen morgens 7.00 oder 8.00 und abends 19.00 oder 20.00 Uhr, unter Einhaltung einer Mittagspause und nicht länger als 30 Minuten insgesamt.

Das gleiche gilt selbstverständlich für Hähne wie den Gockel Blasi, der es nach den Feststellungen das Landgerichts (LG) München I auf immerhin 75 Dezibel brachte - wenn Blasi krähte, war nicht einmal der Baulärm zu hören. Zudem, so stellte ein Sachverständiger fest, hatte der Hahn einen besonders schrillen Tonfall - der entnervte Nachbar bekam also Recht.

Dagegen lassen sich die Richter - wenn es um Insekten oder Reptilien geht - nicht vom häßlichen Schein beeindrucken, sondern gehen dem Wesen auf den Grund. Die Kakerlake sei zwar von unansehnlicher äußerer Gestalt, aber generell ungefährlich, beschied das AG Bad Homburg eine Tunesien-Urlauberin. Die hatte gleich ihre Kleidung weggeworfen, nur weil die käferähnlichen Tiere mit "fädigen Fühlern und platten Körpern" drüber gekrabbelt waren - Schadensersatz bekam sie nicht.

Und der Gecko, bei dessen Anblick zwei Hawaii-Reisende mitten in der Nacht panikartig das Hotel verlassen hatten, erschien dem LG Frankfurt als harmlose Echse. Belehrend zitierten die Richter Brehms Tierleben: "Einen widerwärtigen Eindruck aber rufen die Geckos nur bei dem hervor, welcher sich nicht die Mühe gibt, ihr Treiben zu beachten." (dpa)

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