UND SO SEH´ ICH ES

EM ante portas - ekstatisches Aufspringen ist auch Bewegung

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Die Fußball-Europameisterschaft steht kurz vorm Anpfiff, bisher aber hat das noch keinen vom Stuhl gerissen. Nachdem die Schüler in der Schule keine Fußballbildchen mehr tauschen dürfen, hat es den Anschein, dass außer der Nationalelf und deren Tross nur noch die Banker aktiv sind. Die nämlich werben mit EM-Zertifikaten, die einen höheren Zinssatz bringen, wenn unsere Kicker siegen, und noch ein bisschen mehr, wenn sie Europameister werden.

Doch die Sache hat, wie fast immer, wenn's ums liebe Geld geht, einen Haken: Manche Standard-Produkte sind selbst ohne Euro-Bonus schon besser verzinst als die Sonderangebote zur Europameisterschaft. Die Torschreie der Fans werden sich also kaum mit den Jubelschreiben über die Renditen mischen.

Unsere Fußballer wollen den Pokal allzu gern mit nach Hause bringen. Der Weg dazu ist eigentlich denkbar einfach: Man muss nur einmal mehr als der Gegner das runde Ding ins Eckige schießen! Das wäre für uns leichter, wenn wir Luca Toni oder Franck Ribéry in unseren Reihen hätten - aber bei der EM sind diese Stars auch ihrem Vaterland lieb und teuer.

Schlimm für uns; unsere Defensive zeigte sich ja in der Vorbereitung löchrig wie ein Schweizer Käse. Kein Wunder, dass von einer Fußballepidemie oder gar Pandemie wie bei der WM vor zwei Jahren bei uns in Deutschland keine Rede sein kann. Wenn bei unseren Spielen ein bisschen erhöhte Temperatur aufkommen sollte, wären wir ja schon zufrieden, ins Fieberdelirium wird wohl keiner fallen.

Das Fußball-Fieber-Delirium ist uns bis jetzt noch erspart geblieben.

Dagegen hat das Finanzamt Dortmund-Unna - für ein paar Stunden jedenfalls - echtes Fußballfieber ausgelöst und kann sich als ersten Gewinner der EM bezeichnen. Am 29. Mai 2008 verkaufte es binnen kürzester Zeit 366 Eintrittskarten für das zweite Vorbereitungsländerspiel Deutschland-Serbien in Gelsenkirchen, die bei einem säumigen Steuersünder beschlagnahmt worden waren und, bevor sie verfielen, postwendend veräußert wurden.

Mehr als 8000 Euro kassierte man so, und mehr als hundert Fans trauten ihrem Glück nicht, als sie völlig unerwartet Karten fürs Spiel in den Händen hielten, das dann zu guter Letzt auch noch glücklich gewonnen wurde. Hoffentlich bewegen sich unsere Spieler bei der EM genau so flink, wie das Finanzamt schnell reagiert hat.

Möglicherweise werden wir Mediziner uns in Zukunft nicht nur mit Fußballfieber, sondern sogar mit Höhenfieber und Höhenkrankheit von Fußballspielern beschäftigen müssen. FIFA-Präsident Joseph Blatter hat unlängst - gegen ärztliche Vorbehalte - Pflichtspiele auch in Lagen über 2750 Metern genehmigt. Er hat dem Andenblock, vor allem Bolivien und Ecuador, nachgegeben. Als Beweis dafür, dass Fußball in großen Höhen möglich sei, kickte der bolivianische Präsident Morales auf einem schneebedeckten Andenplateau in 6000 Metern Höhe mit einem Fußball herum - medienwirksam vor Pressefotografen.

Derartige Höhen haben wir in Europa nicht vorzuweisen. Gut für unsere Kicker! Die hatten sich zwar der Öffentlichkeit auf dem Zugspitzplatt präsentiert, dort aber nicht trainiert. Das wären aber auch nur schlappe 2962 Meter, was allerdings Blatters 2750 Meter schon toppen würde ...

Hoffen wir lieber, dass unsere Elf sich ihrer fußballerischen Verantwortung bewusst ist und uns, allen Unkenrufen zum Trotz, doch noch in Fußballfieber versetzt. Nicht zuletzt auch, um die vielen Couch potatoes vor ihren Fernsehschirmen nicht zu enttäuschen. Ekstatisches Aufspringen ist schließlich auch Bewegung! Und damit Joachim Löw nicht auch noch die Entschuldigung braucht: "Erst hatten wir kein Glück, dann kam noch Pech hinzu..."

Wie auch immer - Sepp Herbergers Worte bleiben aktuell. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel und: Möge der Bessere gewinnen. Das meint auch

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