Und so seh' ich es

Goldene Erwartungen - Last für Athleten und Funktionäre

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Schon im Mutterland der Olympischen Spiele wusste man, wie man mit prahlenden Sporthelden umgeht. Das zeigt der Satz aus einer Fabel des altgriechischen Fabeldichters Äsop, die Aufforderung an einen Aufschneider, nicht nur großspurig zu reden, sondern auch prompt zu zeigen, was er wirklich könne. Hic Rhodus, hic salta. Hier ist Rhodus, hier springe...

An den Olympischen Spielen in China nahmen mehr als vierhundert deutsche Athleten teil. Für sie galt: Hic Peking, hic salta. Und sie sprangen und liefen, sie versuchten sich in allen möglichen Disziplinen, am Boden, im Wasser und auch auf Pferderücken, doch von den erwarteten Erfolgen kann man, mit wenigen Ausnahmen, wahrlich nicht sprechen.

Der größte Verlierer der Olympiade war die Olympische Idee.

Und das trotz umfangreicher psychologischer Betreuung. Viele hielten offenbar dem Druck der Öffentlichkeit nicht stand oder liefen ihrer Form hinterher. Wenn eine Hammerwerferin, aktuelle Weltmeisterin, ihr Gerät zweimal gegen das Schutzgitter schleudert und mit ihrem dritten Wurf gleich auch Abschied von den Spielen nimmt - dann ist das eigentlich schon ein Hammer!

Fast alle Medaillen für Deutschland wurden von Sportlern errungen, über die man im Vorfeld am wenigsten gesprochen hat. Die Schützen und Gewichtheber, die im Kanu, auf dem Mountainbike oder beim modernen Fünfkampf, auf dem Siegertreppchen landeten fast allesamt Athleten aus Disziplinen, die bei uns nicht gerade besonders populär sind. Und auch Britta Steffen, die die Ehre der Schwimmer gerettet hat, besann sich offensichtlich erst im Wasser, bei der 50-m-Wende, dass es ihr eigentlich egal sein könne, ob sie gewinnen würde, und dann, als wäre plötzlich aller Druck von ihr abgefallen, zog sie an ihren Gegnerinnen vorbei und holte die erste Schwimm-Goldmedaille für Deutschland.

Wir wollen hoffen, dass sich die Vertreter der Vertragsärzte bei den Verhandlungen über das Honorar im kommenden Jahr von den goldenen Erwartungen der Kollegen nicht bremsen lassen und am Ende doch noch ein akzeptables Ergebnis nach Hause bringen.

Goldene Erwartungen an die 29. Olympischen hatte auch der Sportartikelkonzern Adidas - und wurde zum größten Gewinner der Spiele. Die größten Verlierer der Spiele in China waren die Ideen des Gründers der neuzeitlichen olympischen Spiele, Pierre de Coubertin. Im Griechenland der Antike war es eine unumstößliche Regel gewesen, dass während der Olympiade die Waffen zu schweigen hatten. Die Staaten im Kaukasus interessierte das wenig: Während der Olympischen Spiele marschierten erst die Georgier in Südossetien und dann Russland in Georgien ein.

Auch die Vertreter des Internationalen Olympischen Komitees haben die Ideen und Worte Coubertins anscheinend vergessen. Der Präsident des IOC erwies sich als ausgesprochen naiver Diplomat, der sich von den Chinesen blauäugig an der Nase herumführen ließ. Pierre de Coubertin hat derartige Gefahren vorhergesehen und gewarnt: "Meine Freunde und ich haben nicht gearbeitet und euch die Spiele wiedergegeben, damit ihr sie zu einem Museum oder Kinostück macht oder damit Geschäftsleute oder Politiker sich ihrer bemächtigen." Die Olympischen Spiele in Peking widersprachen der Idee ihres Schöpfers wie keine zuvor - meint

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