Doping

Winterspiele im Dopingsumpf?

Der russische Doping- Skandal wird nach den Winterspielen nicht zu Ende sein. Geheime Daten aus dem Moskauer Analyselabor könnten weitere Fälle aufdecken.

Von Andreas Schirmer Veröffentlicht:

PYEONGCHANG. Der deutsche Polizist Günter Younger musste kurz vor Olympia unerwartet Überstunden machen. Nach der Aufhebung der lebenslangen Olympia-Sperren von 13 russischen Athleten und zwei Betreuern durch den Internationalen Sportgerichtshof lieferte er der unabhängigen Prüfkommission Dossiers für jeden Fall. Zuvor hatte er der vom Internationalen Olympischen Komitee berufenen Kommission schon die Dokumente zur Beurteilung der 169 Russen übermittelt, die nun unter neutraler Fahne an den Start gehen dürfen.

Mitentscheidend für die Ablehnung der Teilnahme der 15 Russen an den Winterspielen in Pyeongchang waren die geheimen Daten aus dem Moskauer Analyse-Labor, die der Welt-Anti-Doping-Agentur zugespielt worden waren. "Das war ein wichtiges Element", sagte Younger, der als Leiter der Ermittlungs-Abteilung der WADA die brisanten Testdaten von 2012 bis 2015 ausgewertet hat, der Deutschen Presse-Agentur.

Russen kooperieren nicht

Bis heute bestreitet Russland die Authentizität der sogenannten "Limbs"-Datei, gewährt der WADA keinen Zutritt zu Doping-Proben, die Beweise für den Skandal um staatlich dirigierten Sportbetrug sein könnten. "Wir haben versucht, die Hände auszustrecken und den Russen angeboten, es gemeinsam aufzuarbeiten", berichtete Younger. "Es ist nach wie vor schwierig. Die Russen stehen mehr sich selbst im Wege als uns."

Die unabhängige Prüfkommission wird am Ende der Winterspiele in Pyeongchang eine Empfehlung für eine mögliche Aufhebung der Suspendierung des russischen NOK geben. Die finale Entscheidung zur Wiederaufnahme und die Teilnahme Russlands an der Abschlussfeier am 25. Februar mit eigener Hymne und Fahne trifft das IOC-Exekutivkomitee. Dies kündigte Thomas Bach, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, am Montag an.

Rückkehr in den Weltsport?

Auch nach den Winterspielen ist allerdings ein Ende der Doping-Affäre nicht in Sicht, so lange Russland nicht alle Bedingungen erfüllt, die für seine uneingeschränkte Rückkehr in den Weltsport von der WADA gefordert werden. Dazu gehört auch das Bekenntnis zum McLaren-Report, in dem die Dimension des Doping-Systems in Russland dokumentiert ist. "Wenn dies alles nicht erfüllt wird, wird die WADA die Suspendierung der russischen Anti-Doping-Agentur nicht aufheben", erklärte Younger.

Auch die ausgewerteten Limbs-Daten über weitere dopingverdächtige russische Athleten, die den internationalen Verbänden von der WADA zur weiteren Verfolgung und möglicher Sanktionierung weitergegeben wurden, könnten noch einiges ans Tageslicht bringen. "Wie viele Fälle es noch werden, kann ich nicht sagen", sagte Younger.

Offen ist auch die Überprüfung von Doping-Proben russischer Fußballer durch den Weltverband FIFA kurz vor der WM. Im Bericht des WADA-Ermittlers Richard McLaren sind 34 Fußballer aus dem WM-Gastgeberland als dopingverdächtig erwähnt.

Unterdessen hat der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbunds Alfons Hörmann nach den Enthüllungen über dopingverdächtige Blutwerte von Ski-Langläufern, die bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften von 2002 bis 2017 über 300 Medaillen gewonnen haben sollen, mehr Fakten und Namen gefordert. "Uns fehlen jedwede Hinweise und konkrete Informationen und deshalb kann ich nur auffordern: Bitte nennt Ross und Reiter, wenn es denn Verfehlungen im internationalen Sport gegeben haben sollte", sagte der DOSB-Chef im Interview des Bayerischen Rundfunks.

Berichtet hatten über den Doping-Verdacht die ARD-Dopingredaktion, die "Sunday Times", das schwedische Fernsehen SVT und das Schweizer Digitalmagazin republik.ch. Dem Rechercheverbund ist eine Datenbank mit 10 000 Bluttests von fast 2000 Wintersportlern zugespielt worden, die diese Häufigkeit verdächtiger Blutwerte dokumentieren soll. Auch Läufer aus Deutschland sollen zu den Sportlern mit auffälligen Werten gehören. (dpa)

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