Bundesbehörde kritisiert

Essen in Kliniken und Heimen birgt unnötige Risiken

Die Menüs in Kiniken und Heimen enthalten zu häufig Risiko-Lebensmittel. Zu diesem Ergebnis kommt das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL).

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Guten Appetit – aber bitte ohne rohen Fisch oder Rotschmierekäse.

Guten Appetit – aber bitte ohne rohen Fisch oder Rotschmierekäse.

© antikarium /stock.adobe.com

BERLIN. Viele Kliniken sowie Alten- und Pflegeheime setzen Patienten und Bewohner mit ihrer Essensverpflegung offenbar unnötigen Gesundheitsrisiken aus. Zu diesem Ergebnis kommt das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) nach Auswertung von 1880 bundesweiten Krankenhaus- und Heimkontrollen im Jahr 2017.

So fanden sich in den Menüs der Essensversorger zum Beispiel Mettwurst, Harzer und Limburger Käse sowie Räucherfisch, teilte das BVL am Donnerstag in Berlin mit. Rotschmierkäse und ungekochter Fisch können wie Rohwürste, Feinkostsalate und Tiefkühlbeeren bekanntlich leicht mit Keimen wie Listerien, E.coli oder Salmonellen belastet sein. Sie könnten damit kranken oder alten Menschen mit einem geschwächtem Immunsystem schaden - häufig durch Brechdurchfall, so das BVL.

 Bei gesunden Menschen seien solche Lebensmittel in der Regel zwar nicht problematisch, sagte BVL-Präsident Helmut Tschiersky am Donnerstag in Berlin. Bei Vorerkrankungen nähmen Lebensmittel-Infektionen mitunter aber einen dramatische Verlauf – bis hin zu Todesfällen.

Nur jedes zehnte kontrollierte Krankenhaus oder Heim habe bei der Essensversorgung bewusst auf Risiko-Lebensmittel verzichtet, heißt es im BVL-Bericht. Tschiersky sieht mögliche Ursachen weniger in dem Wunsch nach Kostenersparnis durch die Auslagerung der Verpflegung an externe Caterer. „Ich glaube, es gibt hier wirklich ein Informationsdefizit“, sagte er.

Wie viele Essen enthalten tatsächlich Risikokeime?

Die Bundesbehörde hat bei der Klinik- oder Heimverpflegung 2017 zwar nicht konkret nach Keimen und nach Belegen für tatsächliche Lebensmittel-Infektionen durch die Verpflegung gesucht. Für das Risiko durch Rohwurst fanden sich bei den generellen Betriebskontrollen 2017 aber indirekt viele Anhaltspunkte dazu. So fanden sich bei jeder achten Probe streichfähiger Rohwurst, die Kontrolleure untersuchten, Bakterien – in diesem Fall Listerien.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft hatte nach eigenen Angaben bisher nicht die Gelegenheit, die neuen Zahlen zu prüfen. Sie sieht das angesprochene Gesundheitsrisiko in Kliniken für die gefährdete Patientengruppe aber weitestgehend ausgeschlossen.

 Die Verbraucherschutzorganisation foodwatch kritisierte, dass die Ergebnisse der Lebensmittelüberwachung nur anonym veröffentlicht würden. „Solange nicht alle Verstöße öffentlich werden, haben Lebensmittelbetriebe, Caterer oder Kantinenbetreiber kaum Anreiz, sich durchgehend an die lebensmittelrechtlichen Vorgaben zu halten“, sagte Oliver Huizinga, Leiter Recherche und Kampagnen bei foodwatch.

 Insgesamt 68.000 Lebensmittelverstöße

Rechtlich seien den Behörden da noch die Hände gebunden, sagte dazu Claudia Schmid für die Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz. Was fehle, sei eine Regelung des Bundes.

Bei ihren rund einer halben Million Betriebskontrollen in ganz Deutschland registrierten Lebensmittel-Kontrolleure 2017 rund 68.000 Verstöße – am häufigsten gegen Betriebshygiene und Hygienemanagement. Lebensmittel seien in Deutschland damit sehr sicher, sagte BVL-Präsident Tschiersky. Schwarze Schafe aber gibt es immer wieder.

Zuletzt enttarnten die Behörden illegal eingefärbten Thunfisch – die Farbe sollte alten Fisch frisch aussehen lassen. (dpa)

Dieser Bericht wurde aktualisiert am 6.12.2018 um 16.35 Uhr

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