Die Ärztin Ruth Pfau ist die "Mutter der Leprakranken"

Von Claudia Möbus Veröffentlicht:

Sie ist Ärztin, Nonne und eine Powerfrau. Seit mehr als vier Jahrzehnten kämpft sie in Pakistan gegen die Lepra. Viele Menschen hat sie vor Krankheit, Ausgrenzung und Tod gerettet. Heute wird die in Leipzig geborene Ordensfrau und Lepra-Ärztin Ruth Pfau 75 Jahre alt.

Die "Johann Wolfgang von Goethe-Stiftung zu Basel" hat die "Mutter der Leprakranken" vor wenigen Tagen, am 5. September, für ihr Lebenswerk mit der Albert-Schweitzer-Medaille in Gold geehrt. Ruth Pfau hat die Auszeichnung in Günsbach im Elsass erhalten, wo Albert Schweitzer aufgewachsen ist.

"Ich bin froh und dankbar, daß mit dieser Auszeichnung Menschen in den Blickpunkt geraten und eine Stimme erhalten, deren Leid sonst kaum jemand wahrnimmt und hört", sagt Ruth Pfau. Ihr Engagement gilt den Kranken und den Armen, den Flüchtlingen und den Ausgestoßenen, den Schwächsten der Gesellschaft, den Menschen in den Slumvierteln der großen Städte und in entlegenen Gebieten ohne Zugang zu irgendwelchen Gesundheitsdiensten.

Nach dem Medizinstudium in die Slums von Karachi

Nach ihrem Medizinstudium in Mainz und Marburg und ihrem Eintritt in den Orden der "Töchter vom Herzen Mariä" ging Ruth Pfau 1960 in die Slums von Karachi in Pakistan, um unter den ausgestoßenen Leprakranken zu arbeiten. Sie baute ein Ärzte- und Helferteam auf und wurde dabei von der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe (DAHW) mit Sitz in Würzburg unterstützt. In 40 Jahren förderte das Hilfswerk die Arbeit der Lepra-Ärztin mit etwa 23 Millionen Euro.

Das von der Ordensfrau gegründete Marie-Adeleide-Lepra-Krankenhaus genießt einen legendären Ruf. Es gelang Ruth Pfau und ihrem Team mit vielen einheimischen Mitarbeitern, die Lepra in Pakistan weitgehend einzudämmen. Das von ihr aufgebaute Gesundheitssystem konnte bereits etwa 50 000 Menschen helfen.

Seit den 80er Jahren ist Lepra heilbar, wenn ärztliche Betreuung und Medikamente vorhanden sind. Immer noch erkranken jedes Jahr weltweit etwa 700 000 Menschen neu an Lepra. Weltweit leiden nach Angaben des DAHW bis zu vier Millionen Menschen infolge der Krankheit an Behinderungen, viele werden ausgegrenzt. "Wir können uns nicht darauf ausruhen, daß Lepra heute heilbar ist", so Ruth Pfau.

Sie kämpft auch für die Würde von Menschen und behandelt außer Leprakranken auch andere Patienten wie Tuberkulose-Kranke. Die Tuberkulose ist eine der gefährlichsten Infektionskrankheiten, die sich in Pakistan mehr und mehr ausbreitet. Die Menschen in den armseligen Lehmhütten am Rande Karachis haben kaum Nahrungsmittel und keinen Strom. "Dafür grassieren die Krankheiten der Armut, vor allem Tuberkulose", sagt Ruth Pfau.

In letzter Zeit ist die Arbeit schwieriger geworden

Unter großen Gefahren reiste sie auch einige Male ins benachbarte Afghanistan, um Kranke zu versorgen. In ihrem eigenen kleinen Krankenhaus gab es vor einigen Jahren ein Blutbad, daß sie nur knapp überlebte. In letzter Zeit sei die Arbeit in Pakistan noch schwieriger geworden, erzählt Ruth Pfau. Seit den Anschlägen vom 11. September in den USA habe sich das Klima im Land verschlechtert.

"Der Afghanistankrieg der USA hat einen religiösen Fatalismus und eine politische Unruhe ausgelöst, die unsere Arbeit nicht leichter machen", berichtet die Nonne, die wie Mutter Teresa mit dem "Damien Dutton Award" - der höchsten Auszeichnung im Bereich der Leprahilfe - ausgezeichnet wurde.

An Ruhestand denkt Ruth Pfau nicht

"Das Gefühl der Bedrohung zerrt an den Nerven. Man weiß nie, wo die nächste Bombe hoch geht", sagt die pakistanische Ehrenbürgerin. Von der deutschen Botschaft wurde Ruth Pfau aufgefordert, sich in Sicherheit bringen zu lassen. Doch die engagierte Ordensfrau bleibt. Gerade nachdem 500 000 Flüchtlinge aus Afghanistan nach Pakistan gekommen sind und Hilfe bitter nötig haben, will sie das Land nicht verlassen.

Auch an Ruhestand scheint sie nicht zu denken, und sie ist bestrebt, ihre Mitarbeiter weiter zu motivieren, "dorthin zu gehen, wo sonst niemand hin will". In dem vor kurzem im Herder-Verlag erschienen Buch "Ruth Pfau - mit den Augen der Liebe" erklärt sie: "Uns ist klar, daß wir mit Gottes Hilfe manchmal volles Risiko gehen müssen, wenn wir helfen wollen."

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