"Ein Preis, der zu weiterer Forschung anregt"

NEU-ISENBURG. Alle zwei Jahre wird der Galenus-von-Pergamon-Preis zur Förderung der pharmakologischen Forschung in Deutschland verliehen. Erstmals wurde die von der "Ärzte Zeitung" gestiftete Auszeichnung 1985 vergeben. Mit diesem Preis werden echte Innovationen belohnt, wie der Kölner Kardiologe Professor Erland Erdmann im Gespräch mit Peter Leiner von der "Ärzte Zeitung" sagte. Erdmann ist derzeit Präsident der Galenus-Preis-Jury. Seiner Ansicht nach regt der Preis nicht nur zu weiterer Forschung an, sondern er verbessert auch das Bewusstsein in der Öffentlichkeit für die notwendige pharmakologische Forschung.

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Ärzte Zeitung: Herr Professor Erdmann, was ist das Besondere am Galenus-von-Pergamon-Preis?

Erdmann: Der von der "Ärzte Zeitung" in Deutschland gestiftete Galenus-von-Pergamon-Preis hat deswegen eine so große Bedeutung, weil damit echte Innovationen belohnt werden. Dies gilt sowohl für ein herausragendes neues Arzneimittel, welches mit einem wirklichen Fortschritt verknüpft ist, als auch für eine herausragende Forschungsleistung in der klinischen und experimentellen Pharmakologie. Beides brauchen wir, sowohl den innovativen Ansatz der Pharma-Unternehmen, die uns neue Medikamente für Kranke liefern, als auch den innovativen Forschergeist, der die Voraussetzung für pharmakologische Neuentwicklungen der kommenden Jahre ist.

Ärzte Zeitung: Der Preis wird in den Kategorien A und B verliehen. Wie unterscheiden sich die beiden Auszeichnungen?

Erdmann: In der Kategorie A wird ein wichtiges innovatives Arzneimittel ausgezeichnet, welches seit mindestens einem Jahr auf dem Markt ist und dementsprechend schon recht gut beurteilt werden kann. In der Kategorie B soll eine besondere Forschungsleistung belohnt werden, die zur Weiterentwicklung der Arzneimittel- oder Diagnostik-Forschung wegweisend ist. Auf den wissenschaftlichen Fortschritt kommt es an.

Ärzte Zeitung: Seit 1985 wird der nationale Galenus-Preis in Deutschland verliehen. Welchen Einfluss hatte er hier in den vergangenen zwei Dekaden auf die pharmakologische Forschung?

Erdmann: Mit dem Galenus-von-Pergamon-Preis sind in den vergangenen 20 Jahren innovative und für die Therapie wichtige Arzneimittel ausgezeichnet worden. Um nur einige Beispiele zu nennen: im Jahr 1986 Sandimmun®, das Ciclosporin-Präparat, ohne das die Transplantation vieler Organe gar nicht möglich wäre, und im Jahr 1987 Lopirin®, der damals bahnbrechende ACE-Hemmer Captopril. Und in jüngster Zeit, im Jahr 2003, wurde Zyvoxid® ausgezeichnet, das Antibiotikum Linezolid gegen grampositive Bakterien, sowie 2005 das Krebsmedikament Velcade® mit dem Proteasom-Hemmer Bortezomib, der besonders bei Patienten mit multiplem Myelom günstig wirkt. Ich glaube, dass dieser Preis nicht nur zu weiterer Forschung anregt, sondern auch das Bewusstsein in der Öffentlichkeit für die notwendige pharmakologische Forschung verbessert.

Ärzte Zeitung: Wie schätzen Sie den Stand der pharmakologischen Forschung heute in Deutschland ein?

Erdmann: Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Ich kenne sehr viele gute pharmakologisch arbeitende Wissenschaftler in Deutschland, die innovativ tätig sind. Trotzdem sieht es so aus, als ob sich die Pharma-Industrie - vorwiegend aus politischen Gründen - aus Deutschland verabschiedet. Spitzenforscher sind selten an einen Heimatort gebunden. Sie gehen dorthin, wo sie am besten und am erfolgreichsten arbeiten können - das muss man immer bedenken. Auch die Pharma-Industrie betreibt dort ihre Spitzenforschung, wo das Umfeld dafür günstig ist.

Ärzte Zeitung: Wagen Sie eine Prognose: Wie wird sich die pharmakologische Forschung in Deutschland in den nächsten zehn Jahren entwickeln?

Erdmann: Mir ist bekannt, dass zum Beispiel das Unternehmen Bayer-Schering, aber auch Merck KGaA in Darmstadt und Boehringer-Ingelheim sehr interessante Neuentwicklungen haben, die in den nächsten Jahren zugelassen werden können. Insofern habe ich eher ein gutes Gefühl, was den Erfolg pharmakologischer Spitzenforschung in Deutschland angeht. Andererseits darf man nie vergessen, dass unter 100 entwickelten interessanten Substanzen allenfalls eine bis zur Marktreife gelangt und dass selbst dann noch unerwartete unerwünschte Wirkungen auftreten können, die die ganze hineingesteckte Arbeit zunichte machen. Ich kann nur hoffen, dass die bereits in den Phasen II und III befindlichen Pharmaka die in sie gesetzten hohen Erwartungen erfüllen.

Ärzte Zeitung: Sie sind Kardiologe. Welchen Forschungsschwerpunkt haben Sie?

Erdmann: In den vergangenen Jahren habe ich mich primär mit Pathophysiologie und Therapie der Herzinsuffizienz beschäftigt. Angefangen habe ich mit der Quantifizierung von Digitalis- und Betarezeptoren, später kamen verschiedene Therapiestudien hinzu. Ich war in allen Steering Committees der CIBIS-Studien mit Bisoprolol beteiligt. Die CIBIS-II Studie wies übrigens erstmals nach, dass ein Betablocker, Bisoprolol, die Herzinsuffizienz-Letalität signifikant senkt.

Ärzte Zeitung: Welche pharmakologischen Neuerungen sind im kommenden Jahrzehnt in der Kardiologie zu erwarten?

Erdmann: Eigentlich erwarte ich, dass recht bald ein Faktor-Xa-Hemmer uns das Leben auf dem Gebiet der Antikoagulation leichter machen wird. Rivaroxaban ist da zum Beispiel eine sehr interessante Substanz. Die aktuelle Forschung auf dem Gebiet der Glitazone hat mir klargemacht, dass Diabetes, Atherosklerose und koronare Herzerkrankung auch therapeutisch zusammengehören. Hier ist in meinen Augen ein hohes innovatives Potenzial vorhanden.



Ausschreibung zum Preis

In diesen Wochen läuft die Ausschreibung für den Galenus-von-Pergamon-Preis 2007 zur Förderung der pharmakologischen Forschung in Deutschland. Die von der "Ärzte Zeitung" gestiftete Auszeichnung wird in zwei Kategorien verliehen, und zwar in den Kategorien A und B:

  • Kategorie A: In Form einer Medaille wird ein herausragendes, zum Zeitpunkt der Einreichung bereits ein Jahr in Deutschland zugelassenes und in den Verkehr gebrachtes Arzneimittel gewürdigt.
  • Kategorie B: In Form einer Medaille und zusätzlich 10 000 Euro wird eine Forschungsleistung in der klinischen und/oder experimentellen Pharmakologie gewürdigt.

Bewerber sollten die Unterlagen bis zum 30. April 2007 einreichen an: Sekretariat Galenus-von-Pergamon-Preis c/o Ärzte Zeitung Verlags GmbH, Sabine Springer, Postfach 20 02 51, 63077 Offenbach am Main. (eb)



Galenus-Preis: Eine Chronik des Fortschritts

1985 Cesol® - Praziquantel gegen Schistosomen (Bayer, Merck KGaA) 1986 Sandimmun® - Immunsuppressivum (Sandoz) 1987 Lopirin® - ACE-Hemmer Captopril (Squibb von Heyden, heute BMS) 1988 Gen-Hb-Vax® - Vakzine gegen Hepatitis B (MSD) 1989 Dantrolen® - zur Therapie bei maligner Hyperthermie (Röhm-Pharma) 1990 Retrovir® - Medikament gegen Aids (Wellcome) 1991 Movergan® - Anti-Parkinson-Mittel (ASTA Pharma) 1992 Survanta® - zur Therapie bei Atemnotsyndrom (Abbott) 1993 HIB-Vaccinol® - Vakzine gegen Haemophilus influenzae (Röhm-Pharma) 1995 Echovist® - Ultraschall-Kontrastmittel (Schering) 1997 Lorzaar® - ein Sartan (MSD) 1999 Campral® - Medikament gegen Craving (Merck KGaA) 2001 Synagis® - Arzneimittel zur RSV-Prophylaxe (Abbott) 2003 Zyvoxid® - Antibiotikum (Pfizer) 2005 Velcade® - Arznei zur Myelom-Therapie (Janssen-Cilag) 

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