Nicht nur im Ausland

Der Kampf gegen sexualisierte Gewalt

Die Frauenhilfsorganisation „Medica Mondiale“ wird verstärkt auch in Deutschland aktiv.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
In den Trainings, hier im Nordirak, geht es um die Folgen geschlechtsspezifischer Gewalt.

In den Trainings, hier im Nordirak, geht es um die Folgen geschlechtsspezifischer Gewalt.

© Director of Health Dohuk/Medica Mondiale

KÖLN. Der Kampf gegen sexualisierte Gewalt ist für Medica Mondiale nicht nur ein internationales Thema. „Für einen glaubwürdigen, nachhaltigen Einsatz müssen wir uns auch in Deutschland klar gegen sexualisierte Gewalt und ihre Tabuisierung positionieren“, schreibt Gründerin und Vorstandsmitglied Dr. Monika Hauser im Vorwort zum Jahresbericht 2018 der Frauenrechtsorganisation.

„Die jahrzehntelang beschwiegenen Übergriffe in Internaten und in der katholischen Kirche müssen ebenso Teil der öffentlichen Diskussion werden wie die Gewalterfahrungen von Frauen und Mädchen in deutschen Flüchtlingseinrichtungen“, fordert die Gynäkologin.

Hilfe für geflüchtete Frauen

Seit 2015 ist Medica Mondiale nicht nur mit Projekten in Krisenregionen aktiv, sondern engagiert sich auch hierzulande. In dem Jahr hat die Organisation ein Qualifizierungsprogramm für Menschen entwickelt, die in der Flüchtlingshilfe tätig sind. Der Fokus liegt dabei auf der stress- und traumasensiblen Begleitung geflüchteter Frauen und Mädchen.

2018 ist ein weiteres Projekt hinzugekommen. Bei „Empowerment First!“ geht es darum, die Fachkräfte in den Unterkünften im Umgang mit Geflüchteten, die Gewalt erlebt haben, zu schulen und sie für die besonderen Bedürfnisse der Frauen zu sensibilisieren. Gleichzeitig sollen die Fachkräfte selbst gegen eine Überforderung gewappnet werden. Das Projekt läuft bis 2021 und wird von der Aktion Mensch gefördert.

Die Schulung von Fachkräften im traumasensiblen Umgang mit Frauen nach Gewalterfahrungen ist ein Schwerpunkt der Arbeit von Medica Mondiale. Dabei kooperiert die Organisation mit Partnern vor Ort. Gesundheitseinrichtungen seien häufig die erste Anlaufstelle für Überlebende sexualisierter Gewalt, heißt es im Jahresbericht.

Die in den Einrichtungen Tätigen seien aber oft auf die besonderen Herausforderungen nicht vorbereitet. Um das zu ändern, sind bisher insgesamt 220 Ärztinnen und Ärzte sowie Krankenpflegepersonal geschult worden.

Hauser betont, dass der Einsatz in Krisen- und Konfliktregionen nicht mit Friedensabkommen endet. „Vergewaltigungen haben langwierige Folgen, auf individueller ebenso wie auf gesellschaftlicher Ebene, und ebenso langfristig muss der Einsatz dagegen sein.“ In Bosnien und Herzegowina werde auch heute kaum über die Kriegsvergewaltigungen und ihre Folgen gesprochen.

Es gebe aber Signale, die hoffnungsvoll stimmen, berichtet sie und verweist auf den Verein „The Forgotten Children of War“. Er wurde von einer Frau ins Leben gerufen, die 1993 nach einer Vergewaltigung geboren wurde – die Mutter war eine der ersten Klientinnen von Medica Mondiale in Bosnien. „Gemeinsam bringen sie das Thema mitten in die bosnische Gesellschaft und machen auf ihre anhaltende Stigmatisierung aufmerksam“, schreibt Hauser.

Medica Mondiale ist mit mehr als 40 Projekten in 14 Ländern außerhalb Deutschlands aktiv. Dorthin flossen im vergangenen Jahr Finanzmittel in Höhe von 5,3 Millionen Euro. Die Schwerpunkte waren Afghanistan und Irak mit 1,6 Millionen Euro sowie Westafrika mit 1,5 Millionen Euro. In die beiden Projekte in Deutschland investierte Medica Mondiale gut 480.000 Euro.

Spendenaufkommen steigt

Im Jahr ihres 25-jährigen Bestehens konnte die Kölner Organisation ihre Einnahmen um 19,5 Prozent auf 8,4 Millionen Euro steigern. Gut die Hälfte davon waren Spenden, Bußgelder und Vermächtnisse. Die Zuschüsse erhöhten sich um 30,6 Prozent auf 4,1 Millionen Euro.

„Diese Steigerung ist maßgeblich auf die höhere Anzahl und den größeren Umfang von Projekten zurückzuführen.“ Die Aufwendungen stiegen 2018 um 14,5 Prozent auf knapp acht Millionen Euro. Davon entfielen 76,9 Prozent auf die Projekte im In- und Ausland, 23,1 Prozent auf Verwaltung, Öffentlichkeitsarbeit, Werbung und den Service für Spenderinnen und Spender.

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