"Herr Doktor, mein Unterleib ist eine Tropfsteinhöhle"

Urologen sind mit den unglaublichsten Patienten und Kollegen konfrontiert - zu dieser Erkenntnis kann man kommen, liest man die Berichte aus dem Berufsleben des Urologen Dr. Martin Anibas.

Von Pete Smith Veröffentlicht:
Erzählungen aus dem Nähkästchen eines Urologen: Dr. Martin Anibas schreibt über kuriose Kollegen und Patienten.

Erzählungen aus dem Nähkästchen eines Urologen: Dr. Martin Anibas schreibt über kuriose Kollegen und Patienten.

© Moritz Thau

Kommt ein Mann zum Arzt: "Herr Doktor, meine Prothese klappert." Schon zieht er seine Hose runter und deutet auf seinen Penis. "Mich würde es ja nicht stören, aber meine Frau beschwert sich jedes Mal, dass die Prothese beim Verkehr klappert."

Kein Witz, sondern eine Episode aus dem Alltag des Urologen Dr. Martin Anibas.

Der ehemalige Chefarzt hat die skurrilsten Anekdoten seiner klinischen Laufbahn jetzt in einem Buch versammelt: "Herr Doktor, das muss ich mir auf einer schmutzigen Toilette geholt haben!"

Ein Oberarzt näht einen Knopf an die Kopfhaut

Mit Abstand betrachtet, erblickt der Arzt in seiner früheren Wirkungsstätte, dem Krankenhaus, ein Narrenschiff voller kurioser Gestalten: kapriziösen Chefs, übereifrigen Kollegen und kauzigen Patienten. Martin Anibas, inzwischen Olivenbauer in Spanien, stellt zunächst die Kollegen vor.

Beispielsweise den Oberarzt, der einem sturzbetrunkenen Assistenten einmal einen Knopf an die Kopfhaut nähte, der ansonsten aber genial war und dessen Abkürzungen in den Krankenakten Kultstatus genossen: Cp (Caput piger) für Arbeitsscheue, Nd (Nihilitis dolorosa) für Hypochonder oder MM (Morbus Meise) für Bekloppte.

Oder seinen ehemaligen Chefarzt, der in einer Nacht- und Nebelaktion den eigenen Jagdhund operierte, weil der an Hämorrhoiden litt. Schließlich auch seinen schwer nikotinabhängigen Kollegen, der während einer Blasenoperation, den Kopf zwischen den Beinen seines Patienten, Kette rauchte.

Auf die Ärzte folgen die Patienten: Was soll man als Urologe davon halten, wenn ein Mann mit folgender Selbstdiagnose in die Sprechstunde kommt: "Herr Doktor, ich habe das Gefühl, meine Eier hängen an Stacheldraht." Oder: "Ich sitze den ganzen Tag auf einer heißen Kartoffel." Oder: "Mein Unterleib ist eine Tropfsteinhöhle."

Diagnose "Morbus Kobold"

Natürlich ist ein Urologe auch mit schier unglaublichen Sex-Unfällen konfrontiert.

Häufig sei beispielsweise die Diagnose "Morbus Kobold", so Anibas. Dahinter verbirgt sich der äußerst schmerzhafte Zustand nach einer autoerotischen Handlung mit dem Handstaubsauer der Marke Kobold.

Viele Patienten ließen sich die originellsten Ausreden einfallen, um einen Sexunfall zu kaschieren. Beispiel gefällig? "Wegen der Hitze habe ich mein Auto nackt repariert und bin mit dem Penis in den Kühlerventilator geraten."

Für Urologen gibt es nichts, was es nicht gibt. "Ich habe Männer von allen möglichen Ringen, Eheringen, Muttern und Rohren befreit, die sie sich über den Penis gestreift hatten und nicht wieder herunter bekamen", erzählt Anibas im Interview.

"Dann waren da noch die Patienten und Patientinnen, die sich zur Luststeigerung Gegenstände in die Harnröhre und in die Blase steckten. Die musste ich in diffizilen Eingriffen mit dem Endoskop herausziehen.

Das konnte alles Mögliche sein: Kerzen, Bleistiftstummel, Kugelschreiber, Sicherheitsnadeln oder Büroklammern - um nur einige aufzuzählen."

Hilfe naht: Ein geflochtener Silberdraht für die Prothese

Am kuriosesten war wohl der Fall eines während der Wache gelangweilten Bundeswehrsoldaten, der sich eine scharfe Gewehrgranate eingeführt hatte, die nur mit telefonischer Anleitung eines Sprengmeisters entfernt werden konnte.

Dem guten Mann mit der Mehrscharnierprothese hat Anibas helfen können. Er bot seinem Patienten ein Scharnier aus geflochtenem Silberdraht an, die er ihm mit einer Zusatzleistung schmackhaft machte: "Da die Schwellkörper schon gedehnt sind, können wir das Implantat auch eine Nummer größer und länger wählen - das macht mehr her".

Dr. Martin Anibas: Herr Doktor, das muss ich mir auf einer schmutzigen Toilette geholt haben! Schwarzkopf & Schwarzkopf. Berlin 2012. 208 Seiten. 9,95 Euro.

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