Buchtipp

Wofür ist eigentlich der Bauchnabel gut?

Andrea Freund und Lucia Schmidt beschreiben in ihrem Buch "Leber an Milz" auf anschauliche und unterhaltsame Weise, welch ein Wunderwerk unser Körper ist.

Kerstin MitternachtVon Kerstin Mitternacht Veröffentlicht:
Das Buchcover zu "Leber an Milz"

Das Buchcover zu "Leber an Milz"

© Ecowin Verlag

NEU-ISENBURG. Als Arzt hat man es in seinem Alltag fast immer mit Organen zu tun, die gar nicht mehr oder zeitweise nicht mehr richtig funktionieren – warum sich aber nicht auch als Mediziner einmal dem gesunden Körper zuwenden und sich davon begeistern lassen, wie genial er eigentlich konstruiert ist?

In ihrem Buch "Leber an Milz" schreiben Dr. Lucia Schmidt und Andrea Freund mit viel Begeisterung darüber, welchen faszinierenden Dienst unser Körper jeden Tag für uns leistet, ohne dass wir es uns bewusst machen. Dabei geht es ihnen primär nicht um die großen Organe wie Herz, Darm und Haut, sondern um die kleinen, oftmals unterschätzten Organe.

"Ich war selbst als Medizinerin erstaunt darüber, wofür zum Beispiel der Bauchnabel da ist und was er alles kann oder welche Funktion unser Steißbein auch heute noch für uns hat, obwohl es streng genommen ein Überbleibsel aus der Zeit ist, in der wir noch einen Schwanz hatten", sagt Schmidt.

Schlüsselloch in den Körper

Der Bauchnabel wird zum Beispiel in "Leber an Milz" als einer der mystischsten Orte unseres Körpers beschrieben. Nicht nur, weil man sich bei seinem Anblick noch mal bewusst machen kann, was die Nabelschnur während der Schwangerschaft alles leistet, und weil der Nabel später gerne von Chirurgen oft als Schlüsselloch in den Körper genutzt wird, um bei endoskopischen Untersuchungen und Operationen dadurch eine Kamera in die Bauchhöhle einzuführen.

Der Orthopäde Khalil Kermanin sieht den Bauchnabel gar als Tor zu unserem inneren Gleichgewicht. Im Inneren unseres Körpers bilden die Faszien quasi unsere innere Haut und kleiden alle Muskeln und Organe ein und verbinden sie mit Strängen, die bis hinauf zur Schädeldecke und hinunter zu den Fußsohlen reichen.

Innerhalb dieser Stränge treffen sich Venen, Arterien und Nerven und tauschen Informationen aus. Und das Zentrum dieses mystischen Reichs ist – der Bauchnabel.

Alternative Sichtweisen

Vor einigen Jahrzehnten habe man bei Bauchoperationen den Nabel sogar manchmal noch ganz entfernt, weil man ihn für entbehrlich hielt, worunter die Patienten aber in Nachhinein oft sehr gelitten haben, berichtet Schmidt. Heute wisse man, dass zu einem guten Körpergefühl der Nabel gehöre, sozusagen als Mitte, als Ort für das "Bauchgefühl".

Dabei geht das Buch nicht nur aus medizinisch-wissenschaftlicher Perspektive auf die Organe ein, sondern auch aus Sicht der alternativen Medizin. Schmidt und Freund lassen Experten der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) oder der Osteopathie auf die einzelnen Organe blicken. Was oft eine ganz andere Sichtweise eröffnet.

Der Leser bekommt Einblicke, wofür früher noch Zunge oder Fingernägel in der Diagnostik genutzt wurden. Das weiß vielleicht noch der ein oder andere ältere Arzt, aktuell wird dieses Wissen aber aufgrund modernster Diagnostik kaum noch genutzt. So lässt sich an der Struktur der Fingernägel beispielsweise einen Eisen- oder Blutmangel erkennen. Vollständig weiß gefärbte Nägel können ein Hinweis auf Diabetes sein. Bei Herzinsuffizienz können sich die Nägel blau färben.

In der TCM wird auf die Farbe und Form der Zunge oder der Fingernägel hingegen noch heute häufig geschaut. Da sind die Kriterien der Zungenfarbe, ihr Belag, ihre Beschaffenheit und ihre Größe wesentliche Kriterien für die Behandlung. Eine überrötete Zunge deutet nach dieser Lehre auf Hitze hin, wie bei Scharlach, und eine bläuliche Zunge entsteht durch Stauungen im Körper, etwa bei organischen Krankheiten oder durch starke nervliche Anspannung, wie Gesa Meyer-Hamme, Ärztin am Zentrum für TCM der Uniklinik Hamburg-Eppendorf im Buch berichtet.

Das Werk macht Spaß beim Lesen, und vielleicht helfen die einen oder anderen einfachen Erklärungen und Vergleiche aus dem Alltag ja auch dem Arzt beim Patientengespräch, dem Laien medizinische Sachverhalte verständlich näherzubringen.

Andrea Freund und Lucia Schmidt

"Leber an Milz – Wie wir lernen, auf die geheimen Signale unserer Organe zu hören"

Ecowin Verlag

240 Seiten

18 Euro

ISBN: 978-3-7110-0165-8

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