Fischer startet mit Budgets und Kollektivregress

Rot-Grün startet mit einer Reform-Innovation: dem Vorschaltgesetz. Quick and dirty sollen Kosten gedämpft werden, um mindestens ein Jahr Ruhe zur Vorbereitung einer durchgreifenden Reform zu haben.

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Bonn, 18. Dezember 1998. Zehntausende Ärzte gehen auf die Straße und protestieren gegen das soeben von Bundestag und Bundesrat verabschiedete Solidaritäts-Stärkungsgesetz der neuen rot-grünen Bundesregierung.

Die Ärzte warnen vor Rationierung bei der Behandlung ihrer Patienten und vor einem drastischen Verlust von Arbeitsplätzen - ein Widerspruch zu den Kernzielen der Regierung Schröder, die dem Kampf gegen die Arbeitslosigkeit höchste Priorität zugemessen hat.

Mit dem Solidaritäts-Stärkungsgesetz macht die neue Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) alle Versuche ihres Vorgängers Horst Seehofer zunichte, die seit 1993 geltende Budgetierung zu flexibilisieren.

So darf die Gesamtvergütung der Vertragsärzte 1999 nicht stärker steigen als die Grundlohnsumme im Jahr 1998. Nur für bis zum 30. November 1998 abgeschlossene Strukturverträge darf es eine Extra-Erhöhung um 0,6 Prozent geben. Da befürchtet wird, dass die Grundlöhne in den neuen Ländern sinken, sollen die Ärzte im Osten auf der Basis der bundesdurchschnittlichen Grundlohnentwicklung einen Ausgleich erhalten.

Budget wird aufgestockt

Einziger Lichtblick: Das Initiativprogramm zur allgemeinmedizinischen Weiterbildung wird gesetzlich abgesichert. Insgesamt 6000 allgemeinmedizinische Weiterbildungsstellen müssen die Krankenkassen mit je 2000 DM bezuschussen.

Die Kollektivhaftung der Ärzte bei Arznei- und Heilmittelbudgets wird prolongiert. Das Budget wird, basierend auf den Ausgaben von 1996, um 7,5 Prozent aufgestockt und notfalls durch die Aufsichtsbehörde festgesetzt. Ein Kollektivregress der Ärzte wird auf fünf Prozent des Budgets beschränkt - bundesweit wären dies 1,9 Milliarden DM. Andererseits wird für zurückliegende Budgetüberschreitungen eine Amnestie verfügt.

Wesentliche Elemente der Neuordnungsgesetze von 1997 werden kassiert: Die Verknüpfung von Beitragssatzerhöhungen und Zuzahlungsaufschlägen wird endgültig abgeschafft. Die Zuzahlungen für Arzneimittel werden gesenkt. PKV-Elemente in der GKV wie Kostenerstattung werden wieder getilgt. Das Krankenhausnotopfer von 20 DM je Versichertem wird gestrichen.

Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer reagiert mit Unverständnis auf den Protest der Ärzte gegen das "relativ harmlose Gesetz". Sie verspricht: "Wir werden nicht mit der Axt im Walde holzen." (HL)

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