KV-Chef - mehr als ein Ehrenamt

Im Jahr 2000 arbeiteten KV-Vorstände noch ehrenamtlich. Wie hoch die Aufwandsentschädigung für dieses Amt sein durfte, darüber stritten sich Richter und Ministerien.

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Die KV Nordrhein trug vor dem Bundessozialgericht einen Sieg davon.

Die KV Nordrhein trug vor dem Bundessozialgericht einen Sieg davon.

© dpa

Kassel/Düsseldorf, Juni 2000. Dr. Horst Bartels freute sich - nicht nur über den persönlichen Erfolg, den er als Justitiar der KV Nordrhein, sondern weil er ein Urteil mit bundesweiter Signalwirkung erreicht hatte.

"Das ist ein Sieg für die ärztliche Selbstverwaltung - das Bundessozialgericht hat die Wichtigkeit des Amtes des KV-Vorsitzenden anerkannt."

Die Kasseler Richter hatten am 28. Juni 2000 entschieden, dass das NRW-Gesundheitsministerium als Rechtsaufsicht nicht die Höhe der Aufwandsentschädigung der KV-Chefs vorschreiben darf.

In der Urteilsbegründung sagte es der Vorsitzende Richter des 6. Senats des BSG deutlich: Das Selbstverwaltungsrecht der KVen darf nicht so weit beschnitten werden - ein Gestaltungsspielraum bei der Höhe der Summe muss bleiben.

Damit teilten die höchsten Sozialrichter der Republik die Ansicht des Sozialgerichts Düsseldorf. Das hatte eine Aufsichtsverfügung an die KV Nordrhein für nichtig erklärt.

Darin hatte es geheißen, die KV dürfe ihrem damaligen Vorsitzenden Dr. Winfried Schorre höchstens eine monatliche Aufwandsentschädigung von 3300 DM monatlich überweisen - 15.000 DM seien nicht angemessen.

15.000 DM pro Monat stehen Prinzip der Sparsamkeit entgegen

Das Gesundheitsministerium ging in die zweite Instanz und bekam dort Recht. Die Landesrichter freilich folgten damals gar nicht der Argumentation der Aufsicht.

Das Land NRW hatte beanstandet, 15.000 DM pro Monat für den KV-Chef würden nicht dem Prinzip der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit entsprechen.

Für das Landessozialgericht war ein ganz anderer Aspekt ausschlaggebend. Der KV-Vorsitz sei laut Satzung ein Ehrenamt, so die Landesrichter, und für ein Ehrenamt sei diese Summe unangemessen. Ein Betrag von 4500 DM reiche aus.

Auch für das Bundessozialgericht war die entscheidende Frage, ob es sich bei dem KV-Vorsitz um ein Ehrenamt handelt oder nicht. Doch im Gegensatz zum Landessozialgericht ging es den Kasseler Richter nicht so sehr um die formaljuristische Frage - die ist durch die KV-Satzung klar, denn dort ist ausdrücklich von einem Ehrenamt die Rede.

Dem BSG ging es darum, was de facto der Fall ist. Und da machte der Vorsitzende Richter Dr. Klaus Engelmann seine Haltung deutlich: "Es liegt auf der Hand, das die Aufgabe eines KV-Vorsitzenden mit einem eigentlichen Ehrenamt nichts zu tun hat."

Der 6. BSG-Senat sah das Dilemma in der Tatsache, dass die Ärzteschaft einen kompetenten Vorsitzenden will, der gleichzeitig Vertragsarzt ist.

Ein Hauptamt sei nach der geltenden Rechtssituation nicht möglich, weil der KV-Chef ja auch Arzt sein solle, sagte Engelmann in der mündlichen Urteilsbegründung.

Dennoch könne die Position aber wie ein Hauptamt bezahlt werden, wenn man den tatsächlichen Arbeits- und Zeitaufwand berücksichtigt.

Einkommen bis zu 250.000 Euro pro Jahr

Heute hat sich das Thema weitgehend erledigt. Die KV-Vorstände arbeiten hauptamtlich und verdienen zwischen 170.000 und 250.000 Euro pro Jahr.

Allerdings kam es Anfang 2012 über das Gehalt von KBV-Chef Dr. Andreas Köhler zum Streit mit dem Bundesgesundheitsministerium. Im April 2011 hatte die KBV-Vertreterversammlung beschlossen, Köhlers Bezüge von 260.000 Euro auf 350.000 Euro zu erhöhen. Seine Altersbezüge sollten von 78 Prozent des letzten Bruttogehalts auf 91 Prozent steigen.

Vor allem das für Köhler gestrickte Rund-um-sorglos-Paket entsprach nach Auffassung von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr nicht dem Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsgebot.

Er forderte, die Erhöhungen wieder zurückzunehmen, sonst werde er einen Verpflichtungsbescheid erlassen. Köhler beharrte lange auf dem neuen Vertrag, ließ sich Rechtsgutachten anfertigen, fühlte sich im Recht.

Ende März ein Kompromiss: Kleine Abstriche beim Gehalt, größere bei der Altersversorgung. (chb)

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